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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1867 / 26)

grössere Anzahl der flachen leichten oder der netzartig gestrickten Teller, 
Schalen, Flaschen u. s. w. Jene künstlichen Stengelglaser, wobei das 
Gefass auf gewundenen Figuren, auf geraden oder gebogenen Blumen, 
auf überaus zierlichem Ständer ruht, jene reizenden berühmten Flügel- 
glaser mit ihren eigenthümlichen, oft farbigen Ansätzen zu zwei Seiten 
des Stengels, sind alle in grosser Zahl und in schatzenswerthen Stücken 
vertreten; so auch finden sich iTir das ganze Genre der gestrickten oder 
gesponnenen Glaser die zahlreichsten Beispiele der verschiedensten Art. 
Gewiss gibt es Sammlungen, die an einzelnen überkünstlichen Werken 
der venetianischen Glasindustrie, an sogenannten Wundern der Technik 
reicher sind als die des Museums, wir dürfen aber wohl mit Zuversicht 
behaupten, dass vom Standpunkt der Verwendbarkeit für moderne in- 
dustrielle Zwecke keine in höherem Grade sich eignet. An Varietäten 
einfachschöner Gefassformen kann man nicht genug haben und gerade 
dies ist der Gesichtspunkt, unter dem sich die Sammlung des österrei- 
chischen Museums empfiehlt. Die hohen Champagnergläser, die schlanken 
Spitzgläser mit gerader oder umgebogener Mündung, die ilachschaligen 
Trinkgefasse, die auf der Halbkugelgestalt der Bowle beruhenden, wir 
finden sie alle in ganzen Reihen, mit und ohne den Ansatz von Flügeln, 
ausserdem grosse Pocalformen mit geschweiftem Bauche oder auf hohem, 
reich und zierlich profilirtem Ständer, oder iiachiiissige Becher und was 
es dergleichen mehr gibt. Die künstlicheren, von dem Gewöhnlichen ab- 
weichenden Formen, wie mit einer Mündung im Vierpass oder Sechs- 
pass und Aehnliches lassen wir dabei ganz aus dem Spiele. Sollten wir 
Dutzende von Formen direct zur Nachahmung empfehlen, so wären wir 
nicht in Verlegenheit. Bietet die Sammlung der venetianischen Glaser 
eine allerdings noch auszufüllende Lücke dar, so sind es die farbigen 
Blumenlustres, Girandoleu u. dgl. " 
Die Reihen der deutschen Gläser beginnen wir mit den sogenannten 
altdeutschen Gläsern, meist Trinkgefassen in Form von Humpen oder 
Bechern, oR mit Zinndeckeln versehen, die aber ihre Entstehung nicht 
etwa im Mittelalter, sondern in der Zeit vom 16. bis zum 1B. Jahrhundert 
gefunden haben und die heute als vielgesuchter Schmuck die Credenzen 
und Etageren unserer Alterthumsfreunde und vornehmen Herren zieren. 
Ein Stück aus dem 15. Jahrhundert ist uns nicht bekannt. Das Glas ist 
meist grünlich, klangvoll und sehr leicht; später wird es schwerer und 
dicker. Die Haupteigenthiimlichkeit sind Bemalungen mit sehr solid ein- 
gebrannten Emailfarhen, welche sehr häufig den Reichsadler mit dem 
Cruciiix in der Mitte und zahllosen kleinen Wappen, oft auch Privat- 
wappen der ehemaligen Besitzer als Hauptgegenstand, oder häufig die 
Figuren der Churfursten, zuweilen auch allerlei historische oder satirische 
und humoristische Scenen aus der Zeit darstellen. Diese Malereien sind 
meist roh und handwerksmässig, die Gläser machen aber dennoch, und 
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