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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1867 / 26)

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zwar um so mehr, je älter sie sind, einen äusserst wohlthnenden, harmo- 
nischen Eindruck, und das ist ihre künstlerische Seite, um derentwillen 
sie auch von der heutigen Industrie und bei der modernen Geschmacks- 
reform Beachtung verdienen. Sie haben sie auch gefunden und die böh- 
mischen Glasfabrikanten haben sie reichlich imitirt, und zum Zeichen, 
dass diese Gläser Handelsartikel geworden sind, finden wir sie in den 
Niederlagen von Paris und London. Aber die modernen Imitationen 
stehen leider noch auf dem Standpunkt einer Alterthumscopie, sind alsu 
noch unfruchtbar zur Weiterbildung des Geschmacks und haben ausser- 
dem gerade die künstlerische Seite, die wohlthuende Harmonie des Colo- 
rits, übersehen. Die Copien sind greller in den Farben, hart und bunt 
im coloristischen Eindruck. Gerade deswegen empfehlen wir die im 
Museum vorhandenen Exemplare, die aus der Schieinitdschen Sammlung 
willkommenen Zusatz erhalten haben, und darunter sich auch einige Fla- 
schen befinden, der besonderen Aufmerksamkeit der Fabrikanten. Wir 
erwähnen an dieser Stelle auch einer anders bemalten Glasarbeit, einer 
grossen Schüssel, wie es scheint von hellem venetianischem Glase, welche 
die Bemalung auf der unteren Seite trägt und darüber einen Ueberzug 
von einer Art Goldiirniss zeigt. Diese Technik scheint aber nicht sehr 
solide zu sein, denn sie ist zum grossen Theil hinweggerieben; freilich 
datirt die Schüssel schon aus dem 15. Jahrhundert. Etwas besser cr- 
halten ist eine andere ähnliche Schüssel, aus dem Besitze des Fürsten 
Lobkowitz, mit ganz der gleichen Technik und einer vorzüglichen Ma- 
lerei, die offenbar der römischen Schule aus der rafaelischen Epoche 
angehört. 
Von weit grösserer Bedeutung als die bemalten deutschen Gläser 
sind für die Fabrication der Gegenwart die böhmischen geschliffenen 
Krystallgläser des 17. und 18. Jahrhunderts, denn die neueste Phase des 
Luxusglases wendet alle Vorliebe und alle Kunst ganz dem gleichen Mm 
terial und der gleichen Ornamentationsweisc zu, und beide, jene alxböh 
mischen Gläser und die modernen, haben dieselben Vorbilder, nämlich 
die ächten Krysfallgefasse des 16. und 17. Jahrhunderts mit ihren ele- 
ganzen Formen und ihren schönen, überaus kunstvollen eingeschlidenen 
Verzierungen. Bei der Kostbarkeit aber und der Seltenheit dieser ächten 
Krystallarbeiten gewinnen die böhmischen Nachbildungen in Krystallglas 
an erhöhtem Werthe. Zwar stammen sie aus einer Zeit, die auf nichts 
weniger als Reinheit der Gefassformen Anspruch machen kann, aber diese 
Krystallgläser bilden in Bezug auf Form vielfach eine Ausnahme, sei es, 
dass es die Nachwirkung der ächten Krystalle, ihrer Vorbilder, war, oder 
sei es, dass die Technik des Schleifens sie vor jenen entarteten Aus- 
wüchsen xler Gefassformen, wie sie das Zeitalter Ludwig XIV. und das 
Rococo liebten, bewahrte. In jedem Fall zeichnen sich die grosscn ge- 
schliffenen Pokale und Becher des 17. und 18. Jahrhunderts und zahl-
	        
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