Rinne in das Kupfer, deren Seiten, im Allgemeinen, in einbm spitzen
Winkel gegen einander laufen, eine Form. die von nicht geringer Be-
deutung für das Aussehen des Stiches ist, eine Art Modellirung des
Striches, der zum Unterschiede von einem nur gezeichneten nicht allein
in seiner Breite. sondern auch in seiner Tiefe. d. h. dann im Farbenauf-
trage auf dem Papier mit künstlerischem Tacte berechnet und empfunden
sein will, während die durch den chemischen Process her-vorgebrachte
Vertiefung eine Mulde mit beiläufig senkrechten Seitenliächen sein wird,
eine Mulde, deren Tiefe sich über die ganze Platte, selbst vielleicht auch
parthienweise willkürlich reguliren lässt, wohl aber nie, so wie es der
Meister thut, da und dort nach seinem Gefühle. Damm werden auch jene
Werke, bei denen die Virtuosität der Grabstichelführung keine so aus-
schlaggebende Rolle spielt, sich ungleich vollkommener wiedergeben lassen,
als jene, bei denen dies in bedeutendem Masse der Fall ist, wie denn auch
die Copien nach Marc Anton und beinahe der gcsammten altitalieni-
schon Schule vollendet, ja bis zur Täuschung gelingen, während dagegen
die Stücke nach Albrecht Dürer, Hans Sebald, Beham etc. in künst-
lerischer Wirkung sich höchstens mit den nur mittelmässigen Drucken
der Originalplatte messen können.
Noch einen andern, aber leicht der Beseitigung fähigen Mangel
tragen die Heliogravuren. Es ist dies die unschöne Farbe der verwen-
deten Druckerschwärze und die Weise ihres Auftrages. Die hohe Vollen-
dung, in der häufig die alten Meister auch die Fertigkeit des Druckens
übten, die bald leuchtend blauschwarze, bald warm rothbraune Färbung,
die in ihren vielen Abstufungen nicht wenig zur Charakteristik der ein-
zelnen Werke beiträgt, müsste studirt und möglichst getreu nachgeahmt
werden, um agch in dieser Beziehung den Originalen nachzukommen,
denn bis hcut sieht alles wie in eine Uniform gesteckt aus und noch dazu
wie gesagt in keine glückliche.
Doch alle diese dem Verfahren anhaftenden Unvollkommenheiten in
Anschlag; gebracht, müssen wir anderseits bedenken, dass wir noch vor
den Incuuablcn der neuen Kunst stehen, dass für die meisten Zwecke die
Wiedergabe des künstlerischen Inhaltes eines Blattes in seiner höchsten
Potenz nicht unumgänglich nöthig ist, da ja selbst bei Verwendung von
Originalen so durchaus tadellose Drucke kaum zu beschaffen sind. So
wird für die Kunstgewerbe die Vervielfältigung von Ornamvntenstichen
bei der Billigkeit der Herstellung der Heliogravuren von grossem Werthe
sein, aber auch der Künstler und Kunstfreund wird gerne nach einem
Blatts greifen, das ihm den Meister in seinen Wesenheiten jedenfalls klar
vor Augen stellt. Aber nicht allein auf das Copiren von Kupferstichen
ist die Heliogravure beschränkt; denn da sich beispielsweise jede Feder-
zeichnung sofort in eine gut druckende Platte übersetzen lässt, so wird
dies, um nur einen Fall anzuführen, für die Herstellung architektonischer