nennt man allgemein Hydrate, das aufgenommene Wasser selbst Hydratwasser,
und es kommt nun auf die Natur der mit solchem Wasser verbundenen Substanz
an, welche Rolle es spielt. War diese Substanz eine sogenannte Base, ein basi-
sches Oxyd, so functionirt das Wasser wie eine schwache Säure. Verband es
sich anderntheils mit einer wasserfreicn Saure, entsteht ein sogenanntes Säure-
hydrat, so functionirt es wie schwache Base.
Es ist demnach klar, dass der chemischen Constitntiou nach sich die Hy-
drate basischer Oxyde und die Säureverbindungen solcher Oxyde, die sogenannten
Salze, völlig entsprechen müssen. Der Kalkstein, den wir brannten, bestand aus
Calciumoxyd (d. h. Kalk), plus Kohlensäure.
Das Brennen zerstörte die Verbindung, die Kohlensäure entwich, das Cal-
cinmoxyd hinterblieb; wir nannten es dann Kalk oder Aetzkalk.
_ Wir brachten dieses Calcinmoxyd mit Wasser zusammen, es wurde Wasser
chemisch gebunden, d. h. es trat an dieselbe Stulle, die früher die Kohlensäure
inne hatte, es wurde Calcinmoxydhydrat oder Kalkhydrat daraus.
Kohlensaurer Kalk und Calciumoxydhydrat sind also völlig parallele Ver-
bindungen; man könnte in diesem Sinne das letztere ,wassersauren Kalk oder
wasserstodbauren Kalk" nennen, was nur eine Verdeutschung des Namens „Kalk-
hydrat', entsprechend dem kohlensauren Kalk, Jlalkcarbonat" wäre.
Die Kohlensäure aber, die stärker saure Eigenschaften hat als das Wasser,
welches in diesem Falle nur die Rolle einer Säure spielt, ohne im gewöhnlichen
Sinne saure Eigenschaften zu zeigen, vermag auch die Verbindung des Wassers
mit dem Calciumoxyd wieder leicht zu zersetzen.
Sie deplacirt das Wasser aus dieser Verbindung, macht es frei, setzt sich
an seine Stelle und es entsteht wieder kohlensaurer Kalk. Dieser kohlensaure
Kalk, unmittelbar nach seiner Entstehung fleckig, wenn er sich aus Lösungen des
Kalkhydrats ausscheidet, amorph wenn er aus breiigem Kalkhydrat entsteht, wird
in Berührung mit Feuchtigkeit oder kohlensäurehaltigem Wasser krystallinisch und
damit dicht und fest.
In diesen wenigen einfachen Thatsachen liegt der Schlüssel zur Erklärung
der Verhältnisse, die uns beim Mörtel beschäftigen.
Wir rühren Sand in den Kalkbrei und machen ihn dadurch zu Mörtel, den
wir zwischen Ziegel oder Steine streichen.
Anfangs wenig widerstandsfähig. gewinnt dieser Kitt an Festigkeit und Härte,
je länger er mit der Luft in Berührung ist.
Würden wir ihn in einer kohlensäurefreien Atmosphäre einfach austrocknen
lassen, so wiirde 1er zsrbröckeln und gar keine bindenden Eigenschaften zeigen.
Er wiirds mit einer Säure iibergossen sich bis auf den Sand lösen, ohne auf-
zubransen.
Der geringe Kohlensäuregehalt der Luft aber, der nur 4 in 10,000 beträgt
reicht hin. ihn, wenn auch sehr allmälig, in kohlensauren Kalk zu verwandeln; unter,
dem Einfluss der nie fehlenden Feuchtigkeit der Luft ferner nimmt dieser dann die
krystallinische Beschadbnheit, Dichte und Härte des Kalkspaths an, nach einigen
Tagen braust der der Luft ausgesetzte Mörtel mit Säuren iibergossen stark auf.
Die erste dieser Verwandlungen des Mörtels, die seines Kalkhydrats in kohlen-
sauren Kalk, tritt verhältnissmässig schnell ein; die Masse ist durch den zugemischten
Sand porös genug geworden, dass sie von der kohlensäurehaltigen Luft durchdrungen
werden kann.
Die zweite dieser Umwandlungen dagegen, das dicht und krystallinisch werden
des kohlensauren Kalks, vollzieht und vollendet sich in viel längerer Zeit, und sie vor
Allem ist die Ursache, dass ältere Bauten fester und dauerhafter sind als neuere.
Wesentlich hierauf beruht das eigentliche Versteinern des Mörtels, das Zusammen-