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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1869 / 51)

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chemischen Vorganges beim Erhärten des Mörtels Wasser fortwährend gebil- 
det wird. Es ist das Verdrängen des Hydratwassers des Kalkhydrats durch die 
Kohlensäure, welches sehr allmälig vor sich geht und dadurch zu einer lange 
andauernden Quelle von Feuchtigkeit wird, welche die Wände, die ausser dem, 
die Steine kittenden Mörtel noch eine dicke Schichte desselben als Putz besitzen, 
lange Zeit exhaliren. ' 
Derselbe Fall ergibt sich bei frisch mit Kalk getünchten Wänden. Sie sind 
so lange feucht, riechen dumpf und mulstrig, bis alles aufgebrachte Kalkhydrat 
in kohlensauren Kalk verwandelt ist; ein Process, der sich, besonders in geschlos- 
senen Räumen, nicht durch Erwärmen und Heizen derselbenf sondern nur durch 
Luftwechsel, durch Ventilation beschleunigen lässt. 
Vor dem sofortigen Bewohnen eben fertig gewordener Häuser kann daher 
in sanitärer Beziehung nicht dringend genug gewarnt werden. So lange die 
Mauern feucht sind, seien es nun frisch gebaute Mauern, oder altc, die aus 
irgend einem Grunde Gelegenheit haben Wasser capillarisch aufzusaugen und 
feucht zu bleiben, sind sie vor Allem nicht durchlassend genug fiir die änssere 
Luft; gesättigt mit Wasserdampf wie sie sind, verhindern sie den Austausch 
dieser äussern frischen Luft mit der innern, durch die Exhalation der,Bew0hner 
bald verdorbenen, und diese Störung einer, für eine gesunde Wohnung ganz 
nothweudigen Diffusion ist es besonders, die der Organismus bald empfindet und 
durch Krankheiten aller Art büssen muss. 
Man weise für gewöhnlich nicht, wie gross die Dnrcbdringlichkeit einer 
Mauer, und sei sie mehr als fussdick, für die Luft ist, und wie auf dieser 
Permeabilität, auf dieser ,.dadurch ermöglichten Diffusion und Lufterneuerung in 
erster Linie die Möglichkeit beruht, dass wir geschlossene Räume dauernd be- 
wohnen können. 
Am anschaulichsten und interessantesten stellt sich diese Thstsaehe in 
einem Experiment von Pettenkofer der, mittelst dessen man zeigen kann, dass 
man durch eine fussdicke Mauer hindurch ein Licht ausblasen kann. 
Lässt man sich auf einem Brett ein Stück Mauer aufführen, etwa 3 Fuss 
im Gevierte und einen Fuss und darüber im Durchmesser, wie gewöhnlich mit 
Mörtel verputzen. überzieht man, nachdem Alles gehörig getrocknet ist, das Ganze 
mit einer luftdichten Schichte von Wuchs oder dickem Asphaltfirniss, entfernt 
diese Schichte an zwei gegenüber stehenden Seiten nur so weit, um an diesen 
Stellen auf dem verputzenden Mörtel aufsitzend zwei Glasröhren einzukitten, und 
bläst man nun durch die eine Röhre, so kann ein, vor die gegenübersteheude 
zweite Röhre gehaltenes Licht leicht ausgelöscht werden. 
Lässt man diese zweite Röhre in klares Kalkwasser tauchen, während man 
wie früher durch die erste bläst, so streicht die Athemluft in Blasen durch die 
Flüssigkeit und erzeugt darin eine Trübung von kohlensanrem Kalk. 
Der Versuch bedarf keiner weitern Erklärung; er zeigt so klar als möglich, 
wie porös, wie durchsetzt mit lauter kleinen Cauülen und Zwischenräumen unsere 
Mauern sind, wie leicht so feine Flüssigkeiten, wie Luft und Gase sind, durch 
sie hindurchfliessen, sieh mischen und austauschen können. . 
Ist die Mauer nicht allzudick und weht draussen ein heftiger Wind, so 
kann man oft deutlich beobachten, wie die Kerzendammen im Zimmer dadurch 
beunruhigt werden. 
Dass die Fenster- und Thürritzen die Luftcirculation unserer Wohnungen 
unterstützen, ist selbstverständlich. 
In Räumen, aus impermeablen Wänden gebildet, Eisenplatten z. B., wäre, 
hätten sie auch sonst gar keine anderen Nachtheilc, ein Wohnen unmöglich. Wir 
würden sie in kurzer Zeit durch unsern Athmungsprocess ihres Sauerstodes so
	        
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