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sehr berauben und daiiir mit Kohlensäure erfüllen, dass sie uns geradezu lebens-
gefährlich werden müssten. Man weiss, wie man in neuester Zeit bemiiht ist,
durch künstliche Ventilation überall da nachzuhslfen, wo die Menge der aus-
geathmeten Kohlensäure zu der Grösse des Raumes und der Durchlässigkeit
seiner Mauern nicht im richtigen Verhältnisse steht.
Mauern, welche Räume einschliessen, in denen sich neben Kohlensäure und
Wasserdampf auch viel Ammoniak entwickelt, welches durch die Mauern hindurch
diEundiren muss, wie z. B. die von Ställen und andern Localitäten, wo Fäulnis:-
processe vor sich gehen, zeigen nach einiger Zeit die Erscheinung des sogenann-
ten „Mauerfrassef, die ihren kittenden und als Bewurf aufgetragenen Mörtel
nach und nach ganz zerstören kann.
Es stellen sich dann die Bedingungen einer Oxydation des Ammoniaks zu
Salpetcrsänre ein, die mit dem Kalk des Mörtels und wohl auch dem der Steine
und Ziegel salpetersanren Kalk bildet, welcher in krystallinischen Edlorescenzen
und Answitternngen auf der Mauer erscheint, dessen Hygroskopicität sie fort-
während feucht erhält und sie nach und nach vollständig currodirt.
Die Theorie des Mörtels, die ich bisher erörtert habe, gibt nun einige
Winke für die Praxis, die hier noch ihre Stelle finden mögen.
Zunächst bezüglich der Wahl der Materialien.
Je reiner der Kalkstein, je weniger er thonige und kieselige Beimengungen
enthält, desto besser muss natürlich der gebrannte Kalk werden. Man unterschei-
det demnach fetten nnd magern Kalk. Der erstere enthält durchschnittlich zwischen
95 bis 99 Proc., der letztere 75 bis 80 Proc. Kalk.
Der erstere löscht sich schnell, geht leicht auf und gibt einen steifen, ganz
gleichartigen Schmant, der zwischen den Fingern fast unfihlbar ist.
Der andere löscht sich langsam, mit geringerer Wärmeentwicklung und zer-
geht zu einem klnmpigen Brei, der sich etwas sandig anfühlt. Die Grenze, bis
zu welcher der Kalk zur Mörtelbereitung überhaupt noch tauglich ist, liegt bei
20-25 Pruc. Nebenbestandtheilen des Kalksteins. Schon bei diesem Betrag muss
von vornherein der Stein vorsichtig, d. h. bei einer Weissgliihhitze nicht erreichen-
den Temperatur gebrannt werden, denn bei dieser würde sich kieselsaurer Kalk
bilden, der, den Stein gleichmässig durchsetzcnd, das Löschen unmöglich macht.
Der gebrannte Kalk wird dann zu dicht, sintert, verschlackt wohl gar an der
Oberlläche und gestattet dann dem Wasser nicht mehr einzudringen und den Kalk
zu hydratisiren. Der Schmant wird kurz und mager.
Das Löschen des Kalks wird, wie bekannt, in flachen viereckigen Trögen
vorgenommen, die eine im Falz anf- und niedergehende Thiir haben. Sie sind
oberhalb einer, in poröses Erdreich gegrabcneu Grube postirt, in die man den zu
dünnem Brei gelöschten Kalk ablässt.
Es hat keinen Vortheil, den Kalk zuvor durch Besprengen blcs bis zu
Pulver zu löschen und dann Wasser bis zur breiigen Verdünnung nachiiicssen zu
lassen. Besser ist die zu dieser Consisteuz nöthige Wassermenge auf einmal über
den Kalk zu giessen und in ihr, zuletzt unter beständigem Rühren mit ring-
förmigen Schiireisen, zergehen zu lassen. Man vermeidet so am besten die Klum-
penbildung und erzielt schneller einen gleichmäßigen Brei. Man löscht häufig zu
einem Bau die ganze nöthige Kalkmenge oft ein Jahr lang zuvor und sumpft sie
in der Grube ein, die man bis zum Verbrauch mit Brettern bedeckt.
Diesem alten herkömmlichen Verfahren liegt die Erfahrung zu Grunde, dass
der Kalk dadurch besser wird, der daraus bereitete Mörtel schneller erhärtet
und dauerhafter, die Mauer trockener wird.
Die Erklärung dafür ist, dass fast jeder Kalkstein und somit auch jeder dar-
aus bereitete Kalk kleine Mengen von Alkalien, Kali und Natron, auch lösliche