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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1869 / 51)

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wachsen. Allein diesen ist ein Zug von Grösse und eine Eigenthiimlichkeit der Charak- 
teristik eigen, welche zu erreichen Bildhauer und Maler nur selten die Mittel finden. Der 
Einduss geschichtlicher Voraussetzungen. durch welche die christliche Kunst sich von der 
ihrem ganzen Wesen nach idealen antiken Kunst unterschied, wurde noch gesteigert durch 
die spätere Periode des Christenthums mit ihren Kämpfen und Ereignissen. in denen nuch 
das Wunderbare direct oder indirect in die wirkliche Welt eingreift. Erst viel später tra- 
ten neben die historischen die idealen Gestalten des alten und neuen Testaments: Jehova, 
Chernbiru und Seraphim - die Himmelskönigin, die allegorischen Gestalten der christ- 
lichen Tugenden, des Bild der Kirche u. a. m. Schwer wiegt es ferner für die bildende 
Kunst, dass das Christenthum eine Weltreligion ist im Gegensstze zu den Volksreligiens-n. 
welche entweder mit den Völkern untergegangen oder doch auf gewisse Stämme beschränkt 
geblieben sind, wie Muhamedanisn-ius und Mnsnismus. Die völkerverbindenden Ideen des 
Christeuthurns bereiteten der modernen Civilisation den Boden. Die Kunst spricht nun 
eine iibernll innerhalb der christlichen Welt verständliche Sprache, die christliche Sitten- 
lehre viel mehr als die Glnnbenslehre driickt allen Kunshlchöpfvmgen ihren unverkennbaren 
Stempel auf. auch denen, welche antike Steife behandeln und nntike Vorbilder gehabt 
haben. Denn das Christenthum gipfelt nicht wie das Griechenthnm in der Kunst, sondern 
in der ethischen Lebensbasis. Darum haben in der christlichen Kunst sich auch vorzüg- 
lich jene Kunstgattungen entwickelt, welche Seelenstimmung. Empfindung. Gemiithstiefe 
zum Ausdruck bringen, Architektur-und Malerei, während die Plastik wohl zu verschie- 
denen Zeiten. wie im fünfzehnten und sechszehnten und zu Ende des achtzehnten Jahr- 
hunderts, durch die Opposition gegen das einseitige Dorniniren der Ferbe empor-gehoben 
wurde, aber immer bald wieder gegen die Farbe zurücktreten musste, die schon als phy- 
sikalisch wirkende Macht fähig ist Gefühle anzuregen, um so mehr, wo sie der Kunst als 
Medium dient. 
Die Schlusswerte dieses Vortrages bildeten bereits einen Uebergsng zu dem vierten, 
welcher das Ringen der Künstler und Knnstgelehrten mit der Baubureaukrnl-ie in Oester- 
reich in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts , den Anbruch eines neuen Tages mit dem 
Bau der Altlerchenfelder Kirche. die Thlitigkeit Ernst's, Ferstr-Ps und Friedrich Schmidfs 
rbesprsch und die Bedingungen, unter welchen eine fernere gedeihliehe Entwickelung der 
Kunst in der Kirche zu hoGen sei: ein ernsteres Verhältuiss zum Christenthurn in Oester- 
reich überhaupt, Andnuer der jetzigen auf Erziehung zur Kunst gerichteten Bestrebungen 
im Schousse der Kirche, Wahrung der Kunst vor dogmatischen nder philosuphischen Ten- 
denzen, rechte Würdigung der anderen Künste seitens der Architekturß 
Kleinere Mittheilungen. 
(Geschenke an das Museum.) Aus der Sammlung des Herrn 
G. Ritter v. Schwarz, gewesenen amerikanischen Consuls, wurden von 
dessen Witwe Frau Anna v. Schwarz vier werthvolle Marmcrreliefs 
zum Geschenke gemacht. Darunter befinden sieh die beiden Köpfe in 
Relief. wahrscheinlich Florentiner Arbeit des 15. Jahrhunderts, die hier 
gefunden in dem Besitz des Baron Cl. v. Hügel gewesen sind, bevor sie 
von Herrn Ritter v. Schwarz erworben wurden. Ausserdem wurden dem 
Museum von Seite der Direction des South-Kensington-Museums 
die beiden in der Bücher-Revue angezeigten Praebtwerke, von Herrn 
Baron Sehwarz-Senborn in Paris eine Sammlung Drucksehriften der 
Trelalfschen Jiicole d'architecture", der ..Uninn centrale" und die "Revue 
internatinnale de Part et de 1a curiosite" zum Geschenke gemacht. 
(Preisaussc-hreibung.) Der n.  Gewerheverein hat in seiner 
Sitzung vom 23. November beschlossen. für die Kunstgewerbeschule des 
Oesterr. Museums zwei Preise von 50 H. auszuschreiben, welche zu Ende 
des Schuljahres 1869f7O in den Fachschulen fTir Baukunst und für Blu- 
menrnalerei verliehen werden können. Und zwar sollen die Zöglinge be- 
theilt werden, welche nach einer Aufgabe den besten Entwurf eigener 
Erfindung liefern, da es der Zweck dieses Preisansschreibens ist, das er-
	        
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