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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1869 / 51)

Der kohlensaure Kalk löst sich zudem in kohlensaurem Wasser geradezu 
auf, und aus solcher Lösung scheidet er sich beim Verdunsten des Lösungs- 
mittels in der Arragonitform wieder aus. Diese Form hat auch der Karlsbader 
Sprudelstein. Es ist die nadelförmige Art des kohlensnuren Kalks, der dimorph 
ist und ansserdem noch in der rhomboedrischen des Kalkspsths existirt. Erhitzt 
man Arragonit gelinde, so zerfallt er zu einem krystallinischen Pulver, welches 
die Knlkspnthform unter dem Mikroskop zeigt. Schon die Schalen der lebenden 
Thiere erscheinen als äusserst dichte Aggregate von Kalkspathform, und als 
solche erweisen sich in dünnen Schlitfen auch die Kalksteine. 
Am belehrendsten iiir die Bildung des Marmors aus gestaltlosem kahlen- 
snuren Kalk, der seinestheils thierischeu Ursprunges ist, ist das Uebergehen des 
körnigen krystallinischen Kalks von Cnrrara in einen sehr vsrsteinerungsreicheu 
Jurakalk, so dass die zusammenhängende, in cinanderiiiessende Bildung beider 
Kalkarteu ganz zweifellos wird. 
Die Kalke mit organischen Resten und Formen sind die jüngsten; so die 
Nummulitem, Cerithiem, Litorinellen-Kalke und die noch nicht verkitteten Absätze 
der Tiefsee. Jeder durchfeuchtets Kalk aber wird im Laufe der Zeit dicht, in 
Berührung mit kohlensaurem Wasser krystallinisch unter Vernichtung jeder Spur 
organischer Formen. So entstand auch der Marmor, die dichteste, festeste, älteste 
Art von kohlenssurem Kalk, seinem Ursprung nach aber eine Meerssbildung, 
wie der Kalkstein und die Kreide. 
Nach dieser geologischen Abschweifung kehren wir nun zu unserm Gegen- 
stande wieder zurück. Ich habe sie absichtlich gemacht, denn ich wollte Ihnen 
damit die natürliche Bildung eines Minerals erklären, welche wir im Mörtel 
künstlich herbeizuführen suchen. Wir sollen gleich hören, dass es bei der Er- 
härtung des Mörtels wesentlich auf eine Regeneration des kohleusauren Kalkes 
ankommt, eins Regeneration durch das Zwischenglied des gebrannten Kalkes 
oder Aetzkalkes, den wir bekanntlich aus dem Kalkstein, dem Marmor oder all- 
gemein aus einem natürlichen kohleusanren Kalk herstellen. 
Durch das Brennen zerlegt sich diese Verbindung in ihre nähern Bestand- 
theile, in die Kohlensäure, die gasförmig entweicht, und den Kalk, der hinterbleibt. 
Nur wenn die Kohlensäure am Entweichen mechanisch verhindert wird, 
kann die Zersetzung hintangehnlten werden; sie wird jedoch ebenso sehr beschleu- 
nigt, wenn während des Erbitzens die Kohlensäure ebenso mechanisch, rasch ent- 
fernt wird, z. B. durch starken Luftzug, durch einen Strom Wasserdampf. 
Schon in einem bedeckten Tiegel gelingt daher das Brennen des kohlen- 
sauren Kalks nur sehr unvollkommen, weil die, durch die Hitze entbundenc 
Kohlensäure, "die ein speciiisch sehr schweres Gas ist, eine Atmosphäre um den 
Kalk bildet, die vermöge ihrer Verwandtschaft zu ihm sich bei sinkenderTem- 
perntur, beim Auskühlen, wieder mit ihm chemisch verbindet. 
Schaft man diese jedoch schnell fort, und diese Bedingung erfüllt jeder Kalk- 
nfen, wie er auch construirt sei. so wird die Zersetzung leicht vollkommen und 
das Product ganz kohlensäurofrei sein. 
Die Kalköfen sind in der Regel niedrige Scharhtöfen, in denen die Steine 
entweder mit dem Brennmaterial geschichtet niedergebrannt werden, wis in den 
Feldöfen, oder wo in seitlichen Feuerungen das Brennmaterial verbrannt wird, 
so dass nur durch Oednungen in den Wänden die Hitze iu den Ofen strömt, 
dessen Beschickung oben aufgegeben nach unten sinkt. 
In einem solchen Ofen ist die Temperatur nur in der Region der Feuerung 
so hoch, dass sich der Stein gar brennt, der dadurch, sein Volumen verkleinarnd, 
niedergeht, und unten glühend herausgezogen wird, während von oben frischer 
Stein nachgefüllt wird, wodurch der Process continuirlich wird.
	        
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