Ein derartiges Werk hat ein nngeheures Gewicht. Jenes im Jahre 1867 in Paris
ausgestellte Stück wog nicht weniger als 7 Tonnen, worin beinahe nur die Last der
Glaswüriel begrißen ist, denn die anfänglich vorhandene teigige Masse wird dann auf
der Rückseite weggeschnitten und Ponland-Cement in einer Schichte dariibergebreitet.
Man hat auf der Pariser Ausstellung wahrgenommen, dass Salvieti's Glas in der
Farhenmiscbung und deren Nüancen das russische übertreEe, es ist indessen eine beson-
dere und anderwärts nicht erreichte Eigenschaft der Petersburger Wsare, eine concan-
trische Anordnung des Geliders, in der Weise wie es der Achat zeigt, zu besitzen. Von
einem weissen Auge im Mittelpnnct gehen gelbe, rothe, brenne und graue Schatten,
wie die Kreise einer Welle in ruhiger Fluth gegen die Peripherie. Hiedurch ist der
Vortheil geboten, auf Einer Paste Farben vereinigt zu haben, welche sonst durch die
Zusammenstellung vieler kleinerer und verschiedener müssten erreicht werden, ferner
ein zweiter Gewinn, indem ein grösserer Würfel besser sitzt als zahlreiche kleinere.
Die grossen technischen Mittel, verbunden mit unendlicher Genani lreit haben aber auch
in künstlerischer Hinsicht auf den Sfyl gewirkt, so dass schliesslic ein Resultat erreicht
ist, welches dem alten Mosaikenstyl sehr zuwiderläuft. Denn während dessen Geist ein
grosser allgemeiner ist, markige Hanptlinien nur und fast keine Modellirung zulässt, ist
es durch die zahllosen Varietäten der Fsrbentöne und die winzigen Masse, in welche
die Würfelchen gebracht werden können, möglich, den Nüannenrsichthum eines Oelbildes
nachzuahmen. Der Naturalismus unserer modernen Kunst hat sich's dann auch nicht
entgehen lassen, mit diesen Mitteln die feinen Texturen von Gswlndern, Goldschmied-
arbeiteu, Edelsteinen, ja selbst das Leuchtende im Mcnschenauge darzustellen. So be-
achtenswerth aber auch solche Vervollkommnung der Technik sein mag, - der Freund
der Kunst wird vor den rohesten altbyzentinischen oder sltitalischen Mosaiken des Ba-
silikenstyles mit grösserer Freude verweilen!
Zu dieser Ansicht stimmt tretflich das folgende Urthcil, welches wir mit den Worten
des Verfassers geben wollen: "Russland ist in der Wahl des Styles nicht glücklich ge-
wesen, den es angenommen hat. Die Zeichnungen ihrer Musivwerke haben einen sehr
Nach-Raphaehschen Charakter. Anstatt zu ihren Vorbildern die alten Mosaiken von Tor-
cello, Venedig, Ravenna oder Rom zu wählen, ahmen sie die prnnkenden Zeichnungen
der Schule Tintorettafs und Veronesds nach. Die Manier, die man angenommen hat,
schwankt zwischen jener der Csracci, des Caravaggio und Delaroche. Der Entwurf für
das letzte Abendmahl, gegenwärtig noch im Atelier, wurde von einem Künstler italieni-
scher Herkunft gemacht und die übrigen Arbeiten sind wesentlich modern, nicht byzan-
tinisch und nicht mittelalterlich, nicht monumental, sondern malerisch etc." üalviatfs Bov
strebungen scheinen allein stylgerechte Wiederaufnahmen der uralten Mosaikentechnik ge-
nannt werden zu dürfen, denn für jene imVaticsn können obige Worte beinahe ebenfalls
gebraucht werden.
Wenn wir nun dennoch die Leser auf die neue russische Mosaikmalerei besonders
aufmerksam gemacht haben, so ist es geschehen, weil das rein technische an derselben
in der That des grössten Lobes würdig ist und eine Stufe der Vollkommenheit erreicht
hat, die mutatis mutandis natürlich auch zu künstlerisch und s listisch völlig befriedi-
gender Anwendung dienlich sein würde; weil in derselben technisc selbst Vorzüge gegen-
über der veneüanischen Technik enthalten sind und endlich auch anderen Industrien,
namentlich der in Russland gleichfalls rasch aufgeblühten Glasgefüssbildnerei, hiedurch
die schlitzenswerthesten Vervollkommnungen angeführt werden können. I
Ausstellnngsangelegenheiten.
An sämmtliche Künstler, Industrielle etc., welche zur Eröfnungs-
ausstellnng des Oesterr. Museums angemeldet haben, ist die nachstehende
Zuschrift ergangen.
Wien, den 6. Juni 1871.
Auf den Wunsch zahlreicher Aussteller und mit Genehmigung
Sr. k. Hoheit des Durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Protectors ist die
Verschiebung der österreich. Musterausstellnng auf die Zeit vom
3. November l87l bis Ende Iännor I872
beschlossen worden.