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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 70)

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ist und viel Wasser einsaugt, so vermag doch das Wasser nicht mehr 
ihn zu zerbröekeln oder zu desaggregiren. 
Man ist erst seit kurzer Zeit im Stande, diese, viele tausend Jahre 
alte Beobachtung zu erklären. Folgendes ist der Grund davon: 
Die Kieselsäure sowohl wie die Thonerde, die beiden Bestandtheile 
des reinen Tbons also, sind im Stande, verschiedene Aggregatformen an- 
zunehmen, die krystallinische Form und die nicht krystallinische oder 
amorphe. 
Dieses Verhältniss wiederholt sich bei einer grossen Menge von 
Körpern. Der Diamant im Gegensatz zur Kohle oder zum Russ, der 
gewöhnliche, krystallisirbare Phosphor im Gegensatz zum rothen amorphen, 
der krystallisirte und der unkrystallisirte Schwefel sind bekannte Bei- 
spiele desselben. 
Die Kieselsäure in ihrer krystallisirten Form ist der Bergkrystall 
oder Quarz, dann der Tridymit. In ihrer amorphen Form ist sie jene 
Gallerte, die durch Zersetzung löslicher oder durch Säuren „aufschliess- 
barer" Silicate erhalten wird und die zu einem leichten staubigen Pulver 
austrocknet, welches auch unter dem Mikroskop betrachtet keine Spur 
eines regelmässigen, krystallinischen Gefüges zeigt. 
Diese beiden verschiedenen Formen haben auch eine Dißerenz an- 
derer Eigenschaften im Gefolge, wenn auch in beiden Formen das rein 
chemische Verbindungsverhältniss zwischen dem Element Silicium und 
dem Sauerstoii, den Bestandtheilen der Kieselsäure, genau dasselbe ge- 
blieben ist. Die krystallisirte Kieselsäure ist z. B. in alkalischen Laugen 
fast gar nicht mehr löslich, die amorphe ziemlich leicht. Die krystalli- 
sirte Kieselsäure hat ein höheres spec. Gewicht (2,65), die amorphe ein 
niedrigeres (2,2). Wir sind nicht im Stande, die Kieselsäure künstlich 
in der Quarzform, also in der krystalliairten, darzustellen. Wir wissen 
nur ziemlich bestimmt, dass diese Krystallisation aus Lösungen stattge- 
funden hat, dass aller Quarz auf nassem Wege entstanden ist. Aber wir 
können sehr leicht den Quarz in amorphe Kieselsäure umwandeln. 
Dazu genügt einmal, ihn zu schmelzen. Zwar schmilzt er ausser- 
ordentlich schwer, und nur die höchsten Temperaturen, die das Knallgas- 
gebläse gibt, vermögen das zu bewirken, allein die glasartigen Massen, 
die man so erhält, sind nun amorphe Kieselsäure, und das spec. Gewicht 
ist von 2,6 auf 2,2 gesunken. 
Nun weiss man, dass, je grösser das spec. Gewicht ist, desto kleiner 
ist das Volumen eines Körpers und umgekehrt. Der Quarz hatte also 
beim Schmelzen sein Volumen vergrössern müssen, und zwar sind aus 
22 Volumen Quarz 26 Volumen amorphe Kieselsäure geworden. 
Unsere künstlich darstellbare, gallertartig amorphe Kieselsäure be- 
hält beim Schmelzen ihr spec. Gewicht. Diese beiden geschmolzenen 
Massen sind dann ganz identisch. Ohne auf die weiteren chemischen
	        
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