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grosse Zukunft bevorsteht, die ich zunächst von den übrigen, Ihnen noch hurz
beschreiben will. Es ist die Methode, die von den Chromverbindungen
ausgeht.
Das Chrom ist ein eisenähnliches Metall, welches mit Sauerstoß als höchste
Verbindungstufe die sogenannte Chromsiiure gibt, die ihrestbeils mit Kali zu dem
bekannten rnthen chromsanrsn Kali oder Chromkali zusarnmentritt, ein längst
bekanntes, besonders in der Färberei vielgebrancbtes Salz.
Dieses Salz verhält sich ungefähr wie das Jodsilber, insofern nämlich als
es im Lichte allein eine nur äusserst geringe chemische Veränderung erleidet,
dagegen pbotographisch empfindlich wird, wenn es bei Gegenwart einer reduci-
renden Substanz belichtet wird.
Solche reducirende Substanzen sind für dss chromsaure Kali z. B. Gummi,
Eiweiss, dann der Leim in seiner reinsten Form, als sogenannte Gelatine.
Die Chromsiiure wird' im Licht durch diese Substanz zu braunem Chromsuper-
oxyd desoxydirt, und die Substanzen selbst, früher im Wasser: leicht löslich,
werden nach der Belichtung, indem sie den Sauerstoff der Chromsiiure aufnehmen,
darin unlöslich.
Ueberzieht man dieses Papier mit einer chromsaures Kali haltigen Gummi-
oder Gelatinelösung, exponirt sie in der Camera und behandelt sie nach der
Exposition mit Wasser, so löst nun dieses alle nicht vom Licht getroffenen Stellen
ab und die getroffenen hinterbleiben als unlösliche Zeichnung auf dem Papier
haften. Sie erscheinen überdies natürlich en relief.
Das Bild ist inzwischen, da die Gelatinelösung nur wenig gefärbt war, blass
und nicht ohne weiteres brauchbar.
Ein sinnreicher Kunstgrid macht es jedoch in jeder beliebigen Farbe oder
schwarz erscheinen. Man braucht nämlich nur der'Gummi- oder G-elatinelösung
einen sehr fein geriebenen Farbstoß, oder wenn es schwarz sein.soll, chinesischen
Tusch zuzusetzen, so wird dieser von der unlöslich gewordenen Gummi- oder
Gelatineschichte fixirt und das Bild zeigt die gewählte Farbe.
Poitevin beschrieb dieses Verfahren schon vor 13 Jahren und die soge-
nannten Tuscbphotographien sind so hergestellt. Dass sie so lange nur wenig
Beachtung fanden, lag noch an manchen Unvollkommenheiten, die sie hatten,
namentlich daran, dass ihnen die Balhtöne fehlten und sie nur grelle Lichter
und dunkle Schatten zeigten. Die Substanz des Papiers war wegen ihrer Dicke
und iaserigen Structur noch nicht das richtige Material, dem Lichte die nöthige
Einwirkung auf beträchtlichem Tiefen zu gestatten.
Erst als man sich wieder zum Collodium, welches nach dem Ausgiessen und
Verdunstem auf einer Platte eine völlig homogene strukturlose Haut hinterlässt,
wandte, erzielte man ein Resultat, welches diese Tuschphotographien wirk-
lich den Silberbildern ebenbürtig zu machen verspricht, die sie überdies noch an
Haltbarkeit übertreffen.
Dass das Verfahren noch nicht allgemeiner geworden ist, rührt noch von
grösseren Schwierigkeiten der Ausführung her, die ein regelrnüssiges Gelingen
noch nicht immer zulassen.
Aber dasselbe ist in einer andern Richtung noch einer Ausnützung fähig,
die das Silberverfahren nicht gestattet.
Die im Lichte veränderte Chromgelatineschichte lässt auch, fand man, fette
Schwärze haften, wie man sie sonst für die Lithographie benutzte, und damit
ergibt sich eine Coxnbination von Photographie und Lithographie, die sogenannte
Photolithographie, auf die man grosse Erwartungen setzen kann.
Hierzu können dann auch alle gewöhnlichen Silbernegative benützt werden.
Ein solches legt man auf einen mit Chromgelatine überzogenen lithographischen