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In derselben Weise hat man die kleinen hlondbilder vergviissert und geradezu
erstaunliche Copien dieses Gestirns erhalten.
Es fehlte nun auch nicht, dass man, wic in diesem Falle dic grössten
Objecte, so auch die kleinsten in seine photographische Gewalt zu bringen trach-
tete, dass man nicht nur die Bilder, die uns das Fernrohr, sondern auch die. die
uns das Mikroskop gibt, zu bannen, und uns so der Miihsamkeit und Unvollkom-
menheit mikroskopischer Zeichnungen zu iiherheben versuchte.
Die Vorrichtung dazu ist sehr einfach. Es wird nur an die Stelle des Auges,
also über das Ocular des Instruments, eine kleine photographische Camera obscura
mit ihrer Beobschtnngs- und Bildplatte angebracht, und man exponirt mit ziem-
licher Lichtstärke und sehr empfindlichen Präparaten.
Indessen sind aus mehreren Gründen die mikroskopischen Photographien
noch nicht ganz vollkommen und es bedarf das Verfahren noch einiger Ver-
bessernngen.
Das Sonnenmikroskop, welches man Eir diesen Zweck auch angewendet hat,
ist nur von einer sehr beschränkten Anwendbarkeit.
Man sieht endlich leicht ein, dass die Photographie überall da noch die
allerwichtigstcn Dienste zu leisten berufen ist, wo es gilt. das schnell Vergängliche,
ja vielleicht den Moment zu tixiren, den Blitz, das Nordlicht, die Nehenmonde
und meteorologische Erscheinungen der verschiedensten Art.
In der That hat man sie auch schon hierzu benützt, man übergab ihr die
Rcgistrirung von Barometer- und Thermometer, sowie Elektrometerschwankungen
n. s. w., und sie wird bestimmt in kurzer Zeit ein ganz unentbehrliches Hilfs-
mittel fiir wissenschaftliche Beobachtungen der mannigfachsten Art sein.
Bis zu dieser Höhe hat sich aus kleinen Anfangen heraus diese wissen-
schaftlich künstlerische Methode der Photographie entwickelt, die gerade uns
doppelt interessant sein muss, weil sie ein Kind unserer eigensten Zeit und ihre
Signatur ist, weil wir alle die Hnuptphasen ihres Entwicklungsganges mit erlebt
haben und verfolgen konnten.
Die photographische Camera mit ihrem Ohjectiv und ihrer empfindlichen
Platte, wie sie auch optischerseits nichts ist als eine blosse Nachahmung unseres
Augapfels mit seiner Linse und seiner Netzhaut, ist das Auge der Zeit geworden,
das immer schaut und immer schauen wird, und jeden Eindruck behält und
jedes Bild, da wo unser Schauen vergänglich ist und jedes Geschaute durch das
Niichstfolgende wieder verwischt werden kann.
Sie aber behält ewig treu, was sie einmal sah, und scheint bestimmt, das
Werkzeug des Gedächtnisses der ganzen Menschheit zu werden.
Vorlesungen im Museum.
(Dir. v. Eitelberger: Ueher den Einiluss der Zeitereignisse auf die Kunstindushie;
Jahresbericht.)
Auch die Reihe der diesjährigen Vorträge eröEnete wie herkömmlich der Director
des Museums. Er hatte den Einduss der grauen Zeitereignisse auf die Kunstindustrie
überhaupt und die österreichische insbesondere als Themn gewählt. Zunächst wurde non-
nutirt, dass die Siege der deutschen Wuifen die grössten politischen und wirthsehuftlichen
Erfolge nach sich ziehen müssen. Uuternehrnungsgeist, Fleiss und Betriebsamkeit des
Deutschen haben sich unter allen Himmelsstrichen Achtung versehaßt, die deutsche
Wissenschaft hst Bürgerrecht in der ganzen Welt, die deutsche Handelsflotte ist die
drittgrbsste. Und nun auch die innere Consolidirnng Deutschlands sich als Folge der
gewaltigen Wslienthutsu vollzieht, darf man hoffen, dass die Deutschen wieder jene Welt-
stellnng einnehmen werden, die wie vor dem dreißigjährigen Kriege inne hatten, und