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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 5)

Pfurrkirchc Willvn. Fcnslcrbckrönung mit Rocml- 
lcn und Pullcn im Schilf. Slukknlur von Franz 
Xzwcr Fcnulnmnyr. 
 
der Hochallar in der Apf : Vier Säulen aus Hagauer Marmor 
verbinden sieh oben durch ein kühnes Gebälk - tektonisch 
widersinnig, aber im Sinn des Rokokos äußerst dekorativ - zu 
einer Riesenkrone. Dieser wohl dem ehemaligen gotischen 
Baldnehin naehgehildete Ziboriumauibau, unter dem das Gna- 
denbild thront, ist ein Werk des hoehiiirsllieh Augsburgisehen 
Landesbaumeisters Franz Karl Fischer aus Füssen von 1755. Die 
zwei prachtvollen weißen Lcuehterengel vor dem Hochtltar in 
schweren barocken Fallengewiindern des späteren 17. jahrhun- 
derts stammen wohl aus der alten Kirche und sind vermutlich 
Werke des großen Kitzbüheler Bildhauers Andreas Faistcnbzr- 
ger (1647-1735), der in München tätig war und als Vater der 
bayerischen Bqrockskulptur gilt. Die vier Seitenaltiire aus 
buntem Marmor mit je zwei Smtuen sind vom gcnanntenßild- 
haucr Josef Smpf entworfen und bis 1776, zum Teil in verein- 
fachter Form,atligesielltworden. Die herrlichen Altarbilder stam- 
 
men von johann Georg Grnsmayr (St. Andreas 1729, Vermäh- 
lung der hl. Katharina) und von Michelangelo Unlcrbcrger (St. 
Josef 1756, St. Thercsia 1756). Die vier Marmorstaluen der vorde- 
ren Seitenaltäre sind wohl von Josef Stupi, die vier besonders schö- 
nen Holzstatuen der hinteren Seitcnnltärc von Franz X. Nissl. 
Nehmen wir noch das reiche, über und über vergoldete Rokoko- 
sehnitzwerk der Kanzel (1755) am linken Wandpleiler und die 
virtuosen großen Kreuzwegsuitionsbilcler, gemalt 1737 für die 
alte Kirche von Balthasar Ricpp, hinzu, so ergibt sich ein ein- 
zigartiger Gesamteindruck, ein symphonischer Klang, eine in- 
nige Verbindung von Architektur, Stuckdekor, Plastik, Malerei 
und übriger Ausstattung, sodaß die Wiltener Pfarrkirche nicht 
nur unter den Pcnzkirchen den künstlerischen Höhepunkt dar- 
stellt, sondern überhnupt als die in jeder Beziehung schönste 
Rokokokirche Tirols gelten mulS, die in der Folgezeit lür 
viele Kirchenlmuten der Diözese Brixen vorbildlich geworden ist. 
EINE KASEL AUS DEM SCHLAFROCK 
FRANZ STEPHANS VON LOTHRINGEN 
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OSWALD 
TRAPP 
Kaiserin Maria Theresia bestimmte, gleich nachdem sie am 
18. August 1765 ihren Gatten, den Kaiser Franz, verloren hatte, 
daß dessen Sterbezimmer in der Innsbrucker Hofburg in eine 
Kapelle umgewandelt werde. Diese Umgestaltung wurde von der 
Kaiserin so eifrig betrieben, daß nach Erlangung der päpSlliChen 
Meßlizenz bereits am 7. Oktober - dem Namenstag des Ver- 
storbenen - die neue Hofburgkapelle eingeweiht werden konnte. 
Sie diente auch dem „zum ewigen Gedächtnis" an den toten Kai- 
ser errichteten Innsbrueker Damenstift als Stiftskapelle. 
Die Sakristei dieser Kapelle enthält nun eine Anzahl sehr quali- 
tätvoller Paramente, die zum Teil durch das bekannte Silber- 
täfelchen mit den Initialen M. T. und den Jahreszahlen 1775 bis 
1778 als Geschenke gekennzeichnet sind, die die verwitwete Kai- 
serin im letzten Jahrzehnt ihres Lebens gemacht hat. Zwei Kaseln 
heben sich durch ihre etwas frühere Entstehung, durch ihre 
prächtiger-e Ausstattung und das prunkvolle Wappcnmonogramm 
aus dieser Reihe. Überdies erweist sich eines dieser Meßkleider, 
wie ich hier ausführen will, als ein ganz persönlich gedachtes 
Geschenk der kaiserlichen Witwe. 
Das Inventar der Innsbrucker Hofburgkapelle von 1770 führt 
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in einem eigenen Passus sechs Meßgewänder, ferner Kirchen- 
wäsehe und einige Geräte an! Darunter heißt es: „Von lhro Kais. 
König]. Apost. Majn. sind im Monat 9. hris 1765 zu der neu- 
erpauten Hof- und Stiftskapellen folgende Kirchen Paramenta zu 
Handen vorgemeldt K. K. Burgpflegers H. v. Kuepaeh über- 
sehiekt und nunmehro von selhen wiederum gcslellet worden 
als . .. Ein ganz reiches mit Gold und Silber gestiektes Meßge- 
want woran am Ende der K. K. Adler gestickt ist, sammt zuge- 
hörde jedoch ohne Kis... Ein schwarzes dem mit ainem weiß 
atlcissenen mitter Streif von Keltelarbeit nebst aller zugehür 
ohne Kis . . ." 
Diese beiden Meßkleider, die uns auch in den späteren Inven- 
tarcn von 1783, 1819 und 1838 begegnen, stehen auch heute noch 
in Verwendung der Hofburgkapelle und tragen die Inv.-Nr. 
A 4 IV und A 12 IV. Uns interessiert in diesem Zusammenhang 
die erstgenannte Festugskaself zu der nehst Stola und Manipel, 
t Inventur de! im. und Dulnensllflsliupellc vom 11. September 1110 p. :r Im 
Tiroler Imutlesreglerungsurehlv, Abt, Damemdllt, lntisbruek. 
z Muße: 105,5 : '72 cm.
	        
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