Sechster Jahrgang. ' de s 15. Novbr. 1871.
k. k. österr. Museums für Kunst 81 Industrie.
(Monatschrift für Kunst 8x Kunstgewerbe.)
14. MITTHEILUNGEN Wljl-
(Am 15. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. - Abonnementspreis per Jahr 3 d. ö.W.
Redsctenr Bruno Buslur. Expedition von G. Gerold's Sohn. Man sbonnirt im Museum,
bei Geruld d: Comp., durch die Postanstnlten, sowie durch alle Buch- und Kunsthsndlnngen.)
r nhslt: Eshlulsslslnlegung im neuen Museum und Erbtfnnng der Knnstgewerbl-Anlstsllung. - m. s:-
heilen (er den Allsrh. Hof in der Ausstellung u" Oesterr. Museums. - Yrogrsmus u" Donnerlt-lg-
Vorlesungen im Oesierr. Museum. - Prngrlmm u" Sonnllgs-Vorlesuugen. _ Zur Chemie dsr
Thonvrsaren. (runu) - Bücher-Revue. - Journal-Revue. - Kleluers Mllthellunjen.
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Schlusssteinlegung im neuen Museum und Eröffnung der
Kunstgewerbe - Ausstellung.
Der Tag, an welchem das Oesterr. Museum aus dem provisorischen
Zustande in dauernde Verhältnisse eintrat, gestaltete sich zu einem wahren
Fest- und Ehrentage. So sehr noch zu allerletzt die äusseren Schwierig-
keiten sich häuften: durch Anspannung aller Kräfte wurde es möglich,
zu der bestimmten Frist am Morgen des 4. November das neue Gebäude
und mit demselben die erste Ausstellung moderner österreichischer Kunst-
gewerbe zu eröEneu. Ueber den Bau und die Ausstellung herrscht in der
ödentlichen Meinung nur eine Stimme, und wir dürfen uns darauf he-
schrinken, Urtheile aus den Tngeshlättern zu reprodnciren. Wenn -
das ist der Grundgedanke aller Aeussernngen bei dieser Gelegenheit -
des Oesterr. Museum noch nöthig gehabt hätte, die Berechtigung seiner
Existenz nachzuweisen, so würde dies durch Darlegung der Fortschritte
erzielt worden sein, welche die österreichische Kunstindustrie unter dem
Einilusse des Museums gemacht hat.
Wir lassen zunächst einem Berichte in der „N. Fr. Pr." das Wort
über das neue ltiuseumsgehäude.
Wenn man zur Stelle des früheren Stuhsnthors die Ringstrasse herauf- oder herab-
kemmt, so iiillt des geschmückte Gebinde des Museums, allein und frei gelegen und von
mponirender Länge, schon von weitem her ins Auge. Sein fnrbiges Aeussere, die rothen
Ziegeldächen zwischen den Hnusteinen, die Friese und Füllungen von Sgrsüiten mit den
glnsirten Medeillons darin neigen uns sofort, dass wir ein echtes Werk uns dem Geist und
dem Styl der Rensisssncs vor uns haben, ein Kind der heitem, farbenfrohen Kunst des
sonnigen Italien aus seiner schönsten Zeit. Es ist in der That einmal ein Werk, des so
ganz jenen Geist nthmet, der die Kunst des Südens durchgliiht: jener Geist, der sich
nicht mit der hlossen Form, nicht mit Schatten und Licht, mit scharfen Linien, mit dem
starren Stein befriedigt fühlt, der auch reizvolles Ornnment und vor Allem Farbe sls noth-
wendiges Element heuschtet und erst in der Vereinigung von Architektur, Bildhnnerei
und Malerei die Vollkommenheit des Bnuwerkes erblickt. Macht uns schon das Aeulsere
des Museums diesen Eindruck, so gilt dns noch viel mehr von seinem Innern.
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