allmälig zu ihr, das Auge vorbereitend, über. Dazu kommt ferner noch
Zweck und Bedeutung des Gegenstandes, welche keine ernsten sind und
daher mit der hohen Würde eines Kunstwerkes, des Gemäldes, nichts ge-
mein haben. Wollen wir den Spiegel aber einigermassen künstlerisch be-
handeln, insoweit als der leichtere Charakter des Obiectes es gestattei, so
haben wir keinen andern Platz für den decorativen Ausdruck der künst-
lerischen Idee als auf dem Rahmen. Es folgt daraus, dass derselbe für
den Künstler der allein wichtige Theil am Spiegel ist, weil eben der ihm
allein zugängliche, dass in ganz anderer Weise als beim Bildrahmen, wo
die Umfassung der dienend untergeordnete Theil ist, dieselbe hier der
herrschende, der alleinige Schauplatz der künstlerischen Thätigkeit ist und
ihm soweit die Superiorität über die Spiegelplatte gebührt, die nur als
Product einer mechanischen Arbeit erscheint. _
Der Spiegel dient den am wenigsten philosophischen Aeusserungen un-
seres Culturlebens. Die Lust am Selbstbewundern, Putzen und Schmücken
hat ihn erfunden, den Stempel dieses Dienstes soll er tragen, wenn wir ihn
künstlerisch zieren wollen. So haben alle Zeiten gedacht. Das Mittelalter fasste
ihn in kostbares Elfenbein und schnitt amorose Abenteuer, Erstürmungen von
Minneburgen, Kämpfe mit Rosengeschossen, Phyllis auf dem Aristoteles rei-
tend etc. hinein; die Renaissance schloss ihn in Edelsteine, Perlen, Gold und
Emailgehäuse ein und die Barocke stellte auf dem krönenden Abschluss oben
alle möglichen Geschichten galanten Inhalts, Schäfer- und Götterabenteuer
in Schnitzwerk dar. Die" Ausstellung enthält ein wahres Kleinod von Spie-
gel, ein Werk, das durch Composition und Arbeit dem Würdigsten an die
Seite gestellt zu werden verdient, der Spiegel in dem von Phil. Haas 8c
Söhnen aufgestellten Boudoir, entworfen von Prof. J. Storck, ausgeführt
von Lobmeyr und Hanusch._ Ohne deutlichere ligurale Beigaben zu
Hilfe zu nehmen, gelang es dem Künstler, in vollendeter und ansprechend-
ster Weise die im Obigen angezeigte Bestimmung seiner Schöpfung zu
charakterisiren. Wir werden nicht von schalkhaft tändelnden Amoretten
oder dgl. aufmerksam gemacht, dass hier nicht ein Gegenstand tiefemster
Bestimmung vor uns steht, - sondern es ist diese Absicht durch die
blos ornamentale Cornposition - durch die Wahl der Stoffe und durch
die farbige Decoration in reizender Weise erreicht. Der Eindruck des
Ganzen, wie es sich auf leichten krystallenen Säulchen von spielenden For-
men, buntglitzernd von grossen rothen und smaragdfarben Gemmen, von
Vergoldung unterbrochen aufthürmt, hat etwas von der Ueppigkeit des
Orients und doch das Massvolle der Renaissance; es entspricht wun-
dersam wahr, fast wie ein Ergebniss psychologischer Auffassung der Auf-
gabe, seiner Bestimmung für einen Dienst, in dem das Werk kindlich hei-
terem Selbstgefallen seine spiegelnde Fläche darzubieten hat.
Furtsetgung auf der Beilage.