ich eine amtliche Anzeige machen wolle; nachdem aber auch
noch die Unterschriftsfälschungen dazukamen, mußte ich
schon der Kreditanstalt halber mich dazu entschließen, auch
eine Prämie auf den Entflohenen aussetzen. Am dritten Tage
kam ein Lottokollektant zu einem meiner Leute; Deibele war
am 15. Oktober Nachts nach Prag gefahren, verblieb dort den
nächsten Tag, erfuhr aus den Zeitungen von der Wiener Lotto
ziehung vom 15. Oktober, sah, daß er einen bedeutenden Ge
winn gemacht hatte, sandte seinen Schein dem Kollekteur, ihn
bittend, den Betrag - es waren über 9000 fl. - einem meiner
Leute, den er benannte, abzugeben. Beide kamen an mich
heran; jener Mann, vom Vorgefallenen bereits genau unter
richtet, folgte das Geld gerne an mich aus, um wo möglich
nicht auch noch in eine Gerichtsverhandlung einbezogen zu
werden, da ihm doch die fortwährenden hohen Einsätze hät
ten Bedenken machen sollen.
Gegen jenen Doktor, welchem Deibeie erhebliche Summen
gegeben hatte und einen Zweiten, weniger graviden, wurde
strafgerichtiich vorgegangen, jener zu längerer Kerkerstrafe
verurtheilt. Nach längerer [einiger] Zeit erhielt ich aus der
Schweiz die anonyme Anzeige, Deibele halte sich dort auf;
wenn ich Geld sende, werde ihn der Schreiberfassen lassen,
ich gab den Brief dem Untersuchungsrichter, um jeder Verant
wortung enthoben zu sein, doch geschah diesfalls weiter
nichts.
Im Mai 1891 hob ein ganz herabgekommener Mann auf dem
Gemüsemarkt in Köln die Salatblätter auf, welche man wegge
worfen hatte, und stahl auch ein paar Stücke Obst, um seinen
Hunger etwas zu stillen; er wurde abgefaßt; es war Deibele.
Was er an Geld damals von Wien mitgenommen hatte, war
aufgezehrt, und da ihm der Muth zu Anderem fehlte, übergab
er sich willig dem Gerichte, das ihn zu mehrjährigem Kerker
verurtheilte. Ich hatte mich, wie es heißt, dem Gerichtsverfah
ren nicht angeschlossen, nämlich auf Ersatz verzichtet, der
mir doch nie hätte werden können, wodurch aueb die Strafe et
was milder ausfiel, [ich]brauchte darum auch der Verhandlung
nicht selbst beizuwohnen. Bald nachdem er sie [die Strafe]ab-
gebü ßt hatte, starb er; sein Vater war schon längst zur ewigen
Ruhe eingegangen, von der Frau des Erstoron habe ich nichts
mehr gehört. - Ob ich aus dem so peinlichen Fall eine genug
nachhaltige Lehre ziehen werde?- Ich glaube kaum, denn
wenn auch nicht gleich große Vertrauensseligkeit, aber Ver
trauen werde ich doch wieder in meine Umgebung setzen,
äem Anderes widerstrebt meinem Wesen allzusehr. Ich hoffe
doch, nicht nochmals eine annähernd [solche]böse Erfahrung
machen zu müßen.
Tod von Tennenbaum 1896
Die treue, immer innigere Freundschaft Tennenbaum’s, wel
che jenes Ereignis entwickolto [zur Folge hatte] und die mir bis
zu dessen am 26. Februar 1896 erfolgten Tode stets völlig un
getrübt bewahrt blieb, war ein gar heller Lichtpunkt in der dü
steren Angelegenheit, wir schlossen uns immer enger anein
ander. Seine milde, edle Anschauungsweise, sein stets
maßvolles, richtiges Urtheil blieben mir auch in der Folgezeit
von ganz besonderem Werth; ich war ihm immer ungemein
dankbar für seinen rückhaltlosen Rath und werde das Ange-
fho
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790 Fußbecher aus der „Serie glatt mit Fiachschiiff- Gravierung mit Gold“:
Werkzeichnung, mna (= Meyr’s Neffe, Adolf), 1893; Flöhe: 14.8 cm; bez.
„m.n.a/ 5548-93“; im Nodus Lobmeyr-Firmenmonogramm
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791 Flenkelkanne aus der „Serie glatt mit Flachschliff - Gravierung mit
Gold“; Werkzeichnung, mna (= Meyr's Neffe, Adolf), 1893; Höhe: 26 cm; bez.:
„m.n.a / 5547 - 93 / Die Glanzschliffe / durchwegs mit einer / Goldlinie einge
faßt“; Lobmeyr-Firmenmonogramm im Henkel
392
denken an diesen §&f trefflichen Mann gewiß allezeit hoch in
Ehren halten. Er war nächst Eitelberger mein bester der Wie
ner Freunde gewesen. -
Orden und Auszeichnungen, Berufung in das Herrenhaus
Wie schon erwähnt, wurde mir 1865 das goldene Verdienst
kreuz mit der Krone verliehen. Die Pariser Weltausstellung
1867 brachte mir das Ritterkreuz des Kaiser-Franz-Josef-Or-
dens. Infolge unserer Weltausstellung 1873 wurde mir weh!
§e§efi-meme--efrtsehHedefte-BfBe der Orden III. Klasse der ei
sernen Krone und dadurch dio Berechtigung, um die Erbe-
bung-w-don Rittorstand an allerhöchster Stollo oinzukommon,
was ich aber-f ür'mich nicht passend fand und-sonach unter-
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Kunst- und Kunstgoworbe-Ausstollung 1876 orhiolt ich auf
moino Bitte, von einer Ordonsvorloihung ausgoschlosson zu
sorlicho Anerkennung höhoron Grades--
Nach der Weltausstellung 1878 in Paris wurde ich am 2. Juni
1879 mit dem Konthurkreuz des Kaiser-Franz-Josef-Ordens
ausgezeichnet. Am 15. Januar 1886 erhielt ich das Offiziers
kreuz des belgischen Leopold-Ordens.
Am 18. Januar 1887 erfolgte mittelst sogenanntem kaiserli
chen Plandschreibens meine Berufung in das Herrenhaus des
österreichischen Reichsrathes.
Es war am Abend dieses Tages, daß ein mir besonders be
freundeter Hofrath aus dem Minister-Präsidium zu mir in’s Ge
schäft kam, um mir eine vertrauliche Mittheilung zu machen.
Wir gingen nur in den kleinen Vorraum meiner Geschäfts
stiege, weiche in den ersten Stock führte, da sagte er mir mit
bedeutungsvollem Gesichtsausdrucke halblaut, er komme,
mich zu beglückwünschen. Ich erwiederte scherzend, das
nehme man immer gerne an, erwog gedankenschnell, um was
es sich handeln könne und kam höchstens bis zum Stern zum
Komthurkreuze; aber seine Miene wurde noch feierlicher, als
er ergänzte: und zwar zur Berufung in’s Herrenhaus! feh
memter-ef spaßo nur um wehrte lächelnd ab, weil ich es ein
fach nicht für möglich hielt, [trug geradezu „was soll der
Scherz,“] denn aus meiner Gesellschaftsschichte war noch
keinem solche außerordentliche Auszeichnung zu theil gewor
den. Aber nun folgte seine ganz bestimmte Angabe, es habe
Seine Majestät heute den Akt unterzeichnet und morgen
werde die Verlautbarung in der Wiener Zeitung erfolgen; so
durfte ich wohl nicht länger zweifeln, wenngleich ich dies Ge
schehnis nicht zu begreifen vermochte. Er sah dies und sah es
gerne, dann ergänzte er seine Mittheilung damit, daß der Kai-
790 - 793 Beaker (ill. 790), jug with handle (ili. 791), bottle (ili. 792) and jug
with handle (ill. 793) from the “Series smooth with flat cutting - engraving with
gilt;” working drawings, mna (= Meyr’s Nephew, Adolf), 1893
Height: 14.8 cm (ill. 790), 26 cm (ill. 791), 19.7 cm (ill. 792), 19.8 cm (ill. 793)
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792 Flasche aus der „Serie glatt mit Flachschliff - Gravierung mit Gold“
Werkzeichnung, mna = (Meyr’s Neffe, Adolf), 1893); 1893; Flöhe: 19.7 cm
bez.: „m.n.a / zu 5551 -93 / Die Glanzschliffe / alle m. Goldlinien / eingefaßt“
Lobmeyr-Firmenmonogramm im Dekor
70
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793 Flenkelkanne; „Serie glatt mit Flachschliff - Gravierung mit Gold“; Werk
zeichnung, mna(= Meyr’s Neffe, Adolf), 1893; Flöhe: 19.8 cm; bez.: „m.n.a/zu
5549 - 93“
393