mrmeilunuen des k. llßslerraiuh. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
(Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.)
Am 1. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. - Abonnementspreis per Jahr H. 3.-
Redacteur Bruno Sucher. Expedition von C. Gerulnfs Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold 6x Cornp, durch die Poslanstalten, sowie durch
alle Buchs und Kunslhandlungen.
Nr, 817;, WIEN, 1. AUGUST 1872. VII, Jahrg.
Inhnlt: Josef Slocklöw über die Spitzenfnbricaliou im böhmischen Erzgebirge. - Du neue kunsthisto-
rische Hufmuseum. - Subveudonen für Gewerbeschulen. - Bericht über du U. Semester des
Schulähres 1871172 an der Kunntgewerbeschule. - Der Saal II des Museums. - Pnbhcahonen
von eicheuvorlagen etc. - Bücher-Revue. - Joumal-Revue. - Kleinere Mittheiluugen.
Josef Stocklöw über die Spiizanfahrication im böhmischen Engabirge.
Die nMittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in
Böhmenn, im 6. Hefte des Jahrganges X. veröifentlichen einen eingehenden
und sachkundig geschriebenen Aufsatz von J. Stocklöw: vDie Spitzenfabri-
cation im böhmischen Erzgebirgeu, aus welchem wir das Folgende in ge-
drängtem Auszuge entnehmen.
Hinsichtlich der Spitzengattungen unterscheidet die dortige Production
zwischen sog. echten und sog. unechten, Ausdrücke, die nicht eigentlich
zu nehinen sind, sondern nur die mit der Hand geklöppelte oder genähte
und diejenige Spitze, welche auf dem Posamentier- oder Bobbinetstuhle ge-
wirkt wird, also Hand- und Zeugspitze bezeichnen. Welche die ältere Gattung
sei, ist auch für diese Gegenden nicht zu eruiren. Klöppelspitzen waren das
eigentliche Feld der böhmischen Spitzenindustrie, sie werden es auch fortan
vorzugsweise bleiben, obwohl in jüngster Zeit das Spitzenweben, Tüll-
und Bobbinetfabrication Eingang gefunden haben. Die Brüsslerspitze,
deren Dessin besonders auf einem Pergamentstreifen geklöppelt und dann
erst auf dem in gleicher Technik, aber wieder für sich gefertigten Fond
befestigt wird, führt hier, nach ihrem gewöhnlichen Muster, den landes-
übiichen Namen: Biumenfabrication, Der Vorgang der Vereinigung beider
Theile heisst das Einstricken. Eine Mittelgatrung ist das Applications-
verfahren, hier Tüllnähen genannt, d. h. das Aufnähen der Dessins auf
einen Grund von Maschinenarbeit, - unechten Spitzengrund. Man unter-
scheidet je nach der Feinheit Herren- und Bauernspitzen. Bezüglich des
Materiales bedient man sich gebleichten oder ungebleichten Zwirus, der
Seide, die schon Anfangs des 18. Jahrhunderts aus Roveredo bezogen
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