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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 83)

wurde; des Nesselgarnes, neuestens auch thierischer und vegetabilischer 
Wolle. 1685 aber werden schon die Schneeberger Gold- und Silberspitzen 
gerühmt. Eigenthümlich sind auch die Namen, unter welchen die ein- 
facheren Muster im Volke genannt Werden: Messerspitzen, Mauszähnchen, 
Reibeisen, Luftspitzen etc. Zu Anfang waren es meist Besatzstücke, Borten 
und Kanten, was die Industrie des Erzgebirges in Spitzen lieferte, im 
vorigen Jahrhundert begann man sich an vollständigen Kleidungsstücken 
für Frauen zu versuchen, bis jene Spitzenroben aus den Werkstätten 
hervorgingen, die 1867 auf der Pariser Ausstellung, um 30.000 Francs 
das Stück, zu sehen waren. 
Der Verfasser geht nun auf die genaue Beschreibung der einzelnen 
Techniken, zuerst des Klöppelns, mit Angabe der landesüblichen Weise, 
sowie der volksthümlichen, dafür gebrauchten Ausdrücke über. Gewisse 
Vereinfachungen und Vortheile, wie die Anwendung flacherer Polster zum 
Auflegen der Klöppel, woraus eine leichtere Bewegung beim Werfen re- 
sultirt, können nur. bei der jüngeren Generation Eingang finden, sie sind 
in Belgien und Frankreich üblich und hier zu Lande noch neu. Ganz 
besonders interessant sind die mitgetheilten historischen Notizen über das 
Aufblühen der Klüppelei im Erzgebirge, welche im Folgenden gegeben 
werden. Die Wohlthäterin des armen Gebietes ist Barbara Uttmann, 
die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Spitzenklöppelei in 
diese Gegenden einführte. Sie_ gehörte einem Nürnberger Patricierge- 
schlechte an, das dort Bergwerke besass und sich im Erzgebirge ange- 
siedelt hatte. Von Jugend auf in allerlei Handarbeiten geschickt, wurde 
sie die Begründerin der eigenthümlichen Hausinclustrie, welche fortan die 
wichtigste Erwerbsquelle dieser Gegenden werden sollte. Ob Barbara die 
eigentliche Erfinderin gewesen, oder die Kenntniss der Technik blos aus 
anderen Gebieten hieher übertragen habe, ist indess zweifelhaft und bis 
heute noch nicht entschieden. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass sie mit 
Flüchtlingen aus den Niederlanden, wo man die Spitzenklöppelei längst 
mit grossem Erfolg betrieb, in Verbindung gestanden. Schon zu ihren 
Lebzeiten, also zu Beginn der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, konnte sie 
die schönen Früchte ihrer gemeinnützigen Bestrebungen erblicken, aber 
erst nach den Schrecken des 3ojährigen Krieges zeigte sich die neue Be- 
schäftigung als grösste Wohlthat für jene armen Menschen. Man verlegte 
sich so eifrig auf die Klöppelei, dasszu Anfang des vorigen Jahrhunderts 
diese Thätigkeit sich über ein Gebiet von I2 Meilen in Böhmen und 
Sachsen erstreckte, in Städten, Dörfern und einzelnen Höfen gepüegt wurde 
und zehntausend Menschen ernährte. Neben der Bebauung der Bergwerke 
bildete die Klöppelei die alleinige Erwerbsquelle. Der Jahreslohn dieser 
zehntausend Spitzenklöppler betrug in jener Periode beiläufig 41], Tausend 
rheinische Gulden. Der Mittelpunkt dieser blühenden Gewerbthätigkeit 
.war damals in Annaberg. Doch hatte Böhmen schon in ansehnlichem 
Masse Antheil an derselben, in Grasslitz machte sich 16.66 der erste Spitzen-
	        
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