händler ansässig, die meisten arbeiteten aber für sächsische Kaufleute, erst
.um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hob sich auchauf der böhmischen
Seite der Handelsgeist der Fabrikanten; seitdem hatte man sog. Neudecker,
d. h. böhmische Spitzen, während alle früher erzeugten unter dem Namen
Meissner- oder Annaberger-Spitzen in den Verkehr kamen. Nachdem in
Folge seiner Entstehung, als Abhilfe wider die allgemeine drückende
Nothlage, die Klöppelei sich als ein nicht zünftiges, von Jedermann be-
triebenes Gewerbe herangebildet hatte, erwies sich ihre Einordnung unter
Innungen und Zünfte als unzulässig und so wurde diese Industrie durch
ein Hofdecret vom Jahre 1766 als freies Gewerbe erklärt, wozu auch
die Frauen sollten ungehindert Zutritt haben. Die Meister, von denen
dabei die Rede ist, sind nicht Zunftvorstände, sondern blos die Unter-
nehmer, die Verleger der Fabrication. Schon frühzeitig liess es die Staats-
regierung an Schutz und Förderung für diese Industrie nicht fehlen, so-
wohl durch Einfuhrsverbote als durch die Gründung von Fachschulen.
Schon im Jahre 1766, unter der Kaiserin Maria Theresia, wurden Preise
für die tüchtigsten Leistungen auf diesem Gebiete ausgeschrieben, im fol-
genden Jahr entstand" eine Schule in Prag, für welche die Regierung
12.000 H. votirte und mannigfache Begünstigungen ertheilte. Man arbeitete
hauptsächlich auf niederländische Art und erzielte schöne Resultate, indessen
musste das Unternehmen nach sechs Jahren fallen gelassen werden, da,
wie ein Gewährsmann sagt, vdas Werk nicht kaufmännisch, sondern di-
kasterialmässign betrieben wurde.
Die nächstfolgenden Zeiten brachten grosses Elend über die armen
Spitzenklöppler. Misswachs und Hungersnoth, der siebenjährige Krieg
brachen über das Land herein. Erst durch die Reformen des Unterrichts-
und Gewerbewesens unter dem grossen Josef II. konnte sich die alte ein-
heimische Industrie wieder erheben; man versuchte durch Errichtung von
Industrieschulen dieselbe von den Gebirgsbewohnern auch auf die Insassen
des Hachen Landes zu übertragen. So lebten am Schlusse des 18. Jahr-
hunderts 18.000 Spitzenklöppler in Böhmen, deren Production im Jahre
auf 540.006 fl. berechnet wird. Der 1782 erfundene Webestuhl, der in
England bereits zur Klöppelei gebraucht wurde, fand auch in unseren
Gegenden Eingang; Johanna Margaretha Kehlmann führte 1799 in
Klingenthal die dem Klöppeln nahestehende Stickerei auf Bobbinet und
Mull ein, wobei durch den Webestuhl zum ersten Male die Maschine als
ein Factor in der weiblichen Kunstindustrie auftritt. So viel Vortheile
diese Veränderung auch mit sich brachte, so wurde man doch schon da-
mals auf die Gefahr aufmerksam, welche der Handarbeit und somit dem
künstlerischen Betriebe aus der immer mächtiger werdenden Präponderanz
der Maschinenarbeit erwachsen musste. Die Regierung glaubte mit Recht
durch die Errichtung von Schulen dagegen einwirken zu können. Durch
Berufung von Kunstkräften aus Brüssel gelang es in den ersten Jahren
unsers Jahrhunderts die österreichische Production auf eine ganz vorzüg-
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