Da die Verzierungen bei diesen Rahmen meist naturalistisch gehalten sind und auch
am häufigsten so verlangt werden, und die Natur in ihren Formen unendlichen Spielraum
zulässt, erlangen die Schüler in kurzer Zeit eine Fertigkeit und Geläuiigkeit in der Hand-
habung der Werkzeuge, und eignen sich einen Schwung und ein Verstandniss der Formen
an, dass man auch bei minder talentirten Schülern sehr bald Arbeiten bekommt, welche
verkäuflich sind, und in zweiter Linie ist bei diesen Arbeiten den Schülern Gelegenheit
geboten, sich bald einen kleinen Verdienst zu verschaffen.
Um die Leistungen der Schule zur allgemeinen Anschauung zu bringen, hat der
Director der Anstalt die Ausstellung der Arbeiten zur bevorstehen Weltaustellung
in Wien angemeldet. Die Ausstellung wird erfolgen unter der Rubrik: Ausstellung der
Fachschulen österreichischer Anstalten auf dem Gebiete des Zeichnens, Modellirens, sowie
der selbstständigen Erzeugung.
Die Muniticenz des Hrn. Baurathes Baron von Schwarz, von welcher spüter Er-
wähnung geschieht, ermöglicht es, dass das iunge Institut der Holzschnitzereischule in
Hallein auch bei der Weltausstellung in Wien vertreten sein wird.
Obwohl es nicht in der Absicht lag, die Schüler vor der ersten Hälfte ihres Lehr-
curses für ihre Arbeiten zu entlohnen, weil bei einer stückweisen Zahlung der Arbeiten
der Eifer und das Vorwartsstreben mehr oder minder beeinträchtigt werde, so ist doch
den hiesigen Verhältnissen in der Weise Rechnung getragen worden, dass der noch unbe-
deutende Erlos aus den verfertigten Arbeiten unter die Schüler vertheilt wurde, damit
diese wenigstens von Zeit zu Zeit einen kleinen Verdienst hatten. Diese Massregel war
nothwendig, um die Schüler der Schule zu erhalten, oder vielmehr um die Eltern der
Schüler zu bewegen, dass sie ihre Kinder der Schule nicht entziehen, wie dies leider
heuer mehrfach der Fall war, weil viele Eltern einestheils zu arm sind, ihre Knaben über
die Dauer der ersten paar Jahre zu kleiden und zu ernahren, anderseits dagegen immer
die hiesige Cigarrenfabrik anführen, wo zwölfjährige Mädchen gleich bei ihrem Eintritt
in die Fabrik ein gewisses Tag- oder Wochengeld sich verdienen.
Aus oben angeführten Gründen, namentlich wegen theilweiser vollständiger Mittel-
losigkeit, sind von den im ersten Jahresbericht aufgeführten Schülern mehrere der Schule
wieder entzogen worden, so dass der gegenwärtige Stand der Schüler 13 betragt, wovon
no von der Stadtgemeinde Hallein sind, I von der Gemeinde Burgfried, l von der Gemeinde
Oberalm, x von der Gemeinde Dürnberg.
Sammtliche Schüler schnitzen drei Tage in der Woche; drei Tage sind abwechs-
lungsweise für Zeichnen und Modelliren bestimmt.
Ein Zuwuchs fand im verßossenen Schuljahr nicht statt, weil die Knaben nach dem
neuen Schulgesetze, bis sie I4. Jahre alt sind, die Volksschule zu besuchen haben; es
konnten deshalb heuer neue Schüler in die Holzschnitzereischule nicht eintreten. Dagegen
war die Verkehrung getroffen, das solche Schüler, welche gesonnen sind, nach Absolvirung
der Volksschule die Holzschnitzereischule zu besuchen, nach Beendigung ihrer Schulstun-
den ietzt schon in die Schnitzschule kommen, um sich im Zeichnen und Modelliren zu üben.
Dadurch erreichen sie einen nicht unbedeutenden Vorsprung, indem einige von den-
selben so weit vorgeschritten sind, dass sie mit Eintritt in die Holzschnitzereischule so-
gleich mit dem Schnitzen beginnen können.
Um es auch dem ärmsten der Schuler möglich zu machen, die Holzschnitzereischule!
besuchen zu können, da ja doch der Hauptzweck der Schule sein soll, dem Pauperismus
in der Gegend von Hallein zu steuern und Arbeitlust und Industrie zu wecken und zu
fordern, wäre es wünschenswerth, wenn aus Staats- oder Gemeindemitteln an arme bebürf-
tige Schüler ein Stipendium bezahlt werden könnte, damit die Eltern wenigstens für die
ersten zwei Jahre in der Lage waren, die Jungen zu kleiden und zu nähren, bis letztere
im Stande sind, sich durch eigenen Verdienst weiter zu bringen.
Am Willen, die Schule zu besuchen, fehlt es selten, weder bei den Eltern noch
bei den Schülern, und nur die Armuth hindert Manche daran, und nachdem einmal die
Schule errichtet und deren wohlthatiger Einfluss auf Alt und Jung bereits fühlbar ist,
sollten der Bevölkerung auch die Mittel geboten werden, die Gelegenheit ergreifen zu
können, um ihren Kindern etwas Tüchtiges lernen zu lassen, denn nur durch allseitig:
Betheiligung wird der Zweck vollkommen erreicht, diesen lndustriezweig hier möglichst
bald heimisch zu machen. ,
An das Schulcomile tritt nun die Aufgabe heran, gemäss Q. Ö der Statuten vom
6. December 1870 ein Statut darüber zu entwerfen, auf welche geregelte Weise für die Zu-
kunft die Erzeugung von verkäuflichen Waaren seitens der vorgeschritteneren Schnitzer
und der Absatz dieser Waaren zu vermitteln ist.