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Dollingar 0., Architektonische Reisescizzen (sie) aus Deutschland, Frankreich und Italien.
Stuttgart, K. Wittwer 1872. Bisher 3 Hefte. (B. K. 328i.)
Skizzen künnen uns interessiren als Schöpfungen eines grossen Meisters, in dessen
ilüchtigsten, vom Augenblick geschaffenen Kundgebungen die unmittelbare Fiische seines Ge-
dankens gerade recht zum Ausdruck kommt. in diesem Fall kommt es wenig auf Gegen-
stand und Vorwurf an, der Einblick in die innerste Schaffensweise des Genius ist es, der
uns an eine solche leicht hingeworfene Zeichnung fesselt. Skizzen, bei denen all' das nicht
der Fall ist, welche einen ganz andern Zweck, welche nicht selbstständigen Kunstwerth
haben und haben wollen, sondern vorhandene Kunstgebilde um ihretwillen rein reprodu-
cirend zum Gegenstand erwählen, von denen verlangen wir einerseits eine passende Wahl
der Objecte, anderseits eine möglichst deutliche und treue Wiedergebung. Dollinger's
Skizzen bringen viel würdiges und auch manches, dessen Existenz an sich schon bedauer-
lich ist, geschweige dass eine Reproduction vonnöthen schiene, wie z. B. die elendesten
modernen Grabmonumente von Pariser Kirchhofen. Die Ausführung, auf autographischem
Wege und in der leichten Manier der Skizze, lasst alle Details verloren gehen. Das beste
sind einige deutsche Renaissancearchitekturen , Thore etc. von Stuttgart, Esslingen u. a.
Orten, welche die wunderbare Pracht dieses phantasievollen Styles recht charakteristisch
vor Augen zu stellen geeignet sind.
Hültßn LtL, Das Kaiserhaus zu Goslar, Vortrag. (B. K. 336i.)
Der Verfasser ist zugleich der leitende Architekt der Herstellungsarbeiten an diesem
überaus merkwürdigen Denkmale des Profanbaus in der frühromanischen Periode, die unter
der hanoveranischen Regierung begonnen und in neuester Zeit durch die preussische wieder
aufgenommen wurden. Der Vortrag gibt uns das historische über die Gründung des Kaiser-
hauses, im Jahre 1050 unter Heinrich lll., und über den Baukünstler, den Mönch, spa-
teren Osriabrücker Bischof Benno aus Hirschau in Schwaben. Von besonderem Werthe
sind die dem Schriftchen beigegebene Ansicht und die Gnindrisse, aus welchen die Verwandt-
schaft' des Goslarer Kaiserhauses mit den allerdings jüngeren Palastbauten der Hohen-
stautfenzeit hervorgeht.
Dametrlo Salazaro, Studi sui Monumenti della ltalia meridionale dal W" al Xlll" secolo.
Napoli 1871. (B. K. 3347.)
Herr Salazaro, lnspector an der Pinakothek des Nationalmuseums in Neapel, unter-
nimmt es, in einem grossen Werke die wenig bekannten Werke altitalienischer Malerei
des Südens der apenninischen Halbinsel zu publiciren. Das Werk erscheint in Grossfolio,
mit Farbendrucktafeln ausgestattet. Die beiden ersten Lieferungen liegen uns vor; sie ent-
halten drei Abbildungen von Fresken, in den Katakomben in Neapel, u. z. des Brustbildes
einer Betenden und einiger Heiligen, beide aus dem 4. Jahrh., ein Bnistbild Christi aus
dem 6. Jahrh. und ein Frescohild aus dem 7. Jahrh., zwischen zwei Heiligen und dem
Stifter der Kirche, aus dem Cimitero der Badia bei Maiori, an der Riviera von Amalii.
Wir machen Freunde der christlichen Kunst auf dieses Werk aufmerksam, das ge-
eignet ist, eine Lücke in unserer Denkmalkunde auszufüllen. Die chromolithographirten
Tafeln werden auch Künstler, die sich mit Studien über decorativo Malerei beschäftigen,
in hohem Grade interessiren.
W. Lübke, Die moderne französische Kunst. l. Weise's HofbuchhandL, X872. (B. K. 3317.)
Prof. Dr. Lübke behandelt in diesem, als Broschüre soeben erschienenen Vortrage
ein Thema, das zu erdrtern, so zu sagen durch die Zeitlage gefordert wird. Das Wechsel-
rerhaltriss Deutschlands und Frankreichs auf dem Gebiete der bildenden Künste. Erörte-
rungen ähnlicher Art sind gegenwärtig nicht auszuweichen. Handelt es sich einerseits
darum, die Resultate der wissenschaftlichen Forschungen auf kunstgeschichtlichem Gebiete,
unbeirrt von den Strömungen des Tages, festzuhalten, so ist es anderseits auch nbthig, der
deutschen Kunst der Gegenwart die Zielpunkte klar zu machen, die zu erreichen sie be-
strebt sein muss.
Prof. Lübke, ein Meister in der Kunst klarer Darstellung und übersichtlicher An-
ordnung, gibt in einer anziehenden Parallele die Wechselbeziehungen deutscher und fran-
zösischer Kunst in ihrer historischen Entwicklung. Es geht daraus klar hervor, dass wie
die deutsche, so auch die französische Kunst, iede in ihrer Art, so viel geleistet hat. um
auf ungetheilte Anerkennung aller Kunstfreunde berechtigten Anspruch zu haben. Dass
beide Nationen sich in ihrer Eigenart selbstständig entwickelt haben, ist ein Gewinn für
die Cultur der Menschheit. Das Erworbene auf der gewonnenen Basis festzuhalten, die
Eigenarten gegen Auswüchse aller Art zu schützen, darauf kommt es vor allem an. Selbst-
überhebung und Eigendünkel nutzen bei internationalen Fragen am wenigsten; da gilt es
ruhig und verstandig abwägen, wie es Lübke thut, um wirklich nützlich in die Strömungen