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Bücher-Revue.
Publicationen der Wiener Eandela- und Gewerbekammar.
1. Jahresbericht der Wiener Handels- und Gewerbekammer über Handel, indu-
strie etc. für das Jahr 187o. Wien 1872.
2. Specialberichte über die internationale Kunst- und Industrie-Ausstellung zu
London im Jahre 1871. Wien, bei A. Holder, 1872. (B. K. 1217.)
Es liegen uns zwei Publicationen der Wiener Handels- und Gewerbekammer vor:
Der Jahresbericht vom J. 1870 und der Specialbericht über die Londoner XVeltausstellung
von 1871. Der Jahresbericht der WVr. Handelskammer, um dessen Redigirung und theil-
weise auch Verfassung der Secretar der Kammer, Dr. Holdhaus, ein ganz hervorra-
gendes Verdienst hat, geniesst eine wohlverdiente Renommee schon seit Jahren. Er zeichnet
sich durch genaue Arbeiten und verlässliche Daten vortheilhaft aus. Und diese Verdienste
sind es auch, die er in diesem Jahre für sich in Anspruch nehmen kann.
in noch höherem Grade sind wir über die zweite Publication erfreut; dieselbe ent-
halt sechs Abhandlungen der Herren J. Falke, Migerka, Löw, E. Schmidt, C. Czas-
lawsky und Dr. E. liornig. Die meisten dieser Abhandlungen berühren das Gebiet der
Kunstindustrie; J. Falke verbreitet sich in lehrreicher und eingehender Weise über die
Kunstindustrie auf der Londoner Weltausstellung 1871; Dr. E. Schmidt über Thonwaaren,
vorwiegend vorn technologischen Gesichtspunkte; C. Czaslawsky über Schnitzarbeiten,
Dr. E. Hornig über Photographie. Es wäre zu wünschen, dass diese Abhandlungen von
Fachleuten gelesen und die zahlreichen darin gegebenen XVinke rechtzeitig benützt würden.
W. Lübke, Geschichte der deutschen Renaissance. Mit lllustr. Erste Abtheilung.
Stuttgart, beidibner ü Seubert, 187a. (B. K. 3391.)
Künstler und Kunstfreunde werden das Erscheinen einer Geschichte der deutschen
Renaissance mit besonderer Freude begrüssen. Lange schon sehnte man sich nach einem
ähnlichen Werke, und gewiss ist unter den deutschen Kunstgelehrten Niemand berufener,
ein Werk solcher Art zu schreiben, als Prof. Dr. W. Lübke. Die Schwierigkeiten, den
Steif zu beherrschen, sind bei einer Geschichte der deutschen Renaissance ungleich grdsser,
als bei der italienischen und französischen Renaissance. Literarische Vorarbeiten sind sehr
wenige vorhanden; die gleichzeitigen Quellen fliessen sehr sparsam; die Kunstdenkmale
der deutschen Renaissance sind nur bruchstückweise vorhanden. Sie bieten weder ein ein!
heitliches, noch ein grossartiges Bild. Lübke war daher auf eine mühsame Mosaikarbeit
angewiesen, die anschaubar und anziehend zu machen, ein Beherrschen der Methode und
der stylistischen Darstellung voraussetzt. Beides ist Lübke in hohem Grade eigen.
Die Natur des StotTes bringt es mit sich, dass man eine grosse deutsche Renaissance
auch mit dem besten Willen nicht entdecken kann. denn eine solche existirt nicht Aber
das, was existirt, in seinen Anlaufen und Brnchstucken, in seinen Anfangen und seiner
Entwicklung, ist Werth, geordnet zu werden, und man wird es klar und deutlich ercrtert
vorfinden. Die deutsche Renaissance gehört dem besten Theile nach den Kunstgewerbcn
an,'und deswegen interessirt sie uns ganz besonders.
Das Werk soll in vier Abtheilungen noch mit Ende des Jahres in den Handen der
Leser sein. Wir kommen dann ausführlich auf die deutsche Renaissance und ihren ersten
Geschichtsschreiber, W. Lübke, zurück.
Die Schatzkammer des nsberr. Kaiaerhauses in der k. k. Hofburg in Wien.
Wien, 1872. (B. K. 3371.)
Der vorliegende Katalog der Schatzkammer wird allen denen, welche das in seiner
Art einzige Kabinet besuchen, ein sehr willkommener verlässlicher Führer sein. Die Aus-
stattung ist eine ganz zweckentsprechende. in ihrer gegenwärtigen Anordnung bietet die
Schatzkammer alles dasjenige, was an Edelmetall, Bergkrystall und Halbedelsteinen, und
an alten Kunstarbeiten, - kurz an Prunkgefassen aller Art im Besitze des kais. Hauses
ist. Ausser den Prunkgefässen und Kunstuhren befindet sich in der Schatzkammer noch der
Privatschmuck des Kaiserhauses.
Albert 11g, Ueber den kunsthistorischen Werth der Hypnerotomachia
Poliphili. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunstlitcratur in der Renaissance. Einge-
reicht zur Erlangung des philosophischen Doctorgrades an der philosophischen Facultat
glerlzlslciältlrersität Tübingen von A. l. XVien, Braumüller, 1872. 8" 135 S. Mit einem
O ttt.
Die Hypnerotomachia Poliphili ist ein von dem enthusiastischen Verehrer der Antike
Francesco Colonna 1467 in der Sprache der Humanisten geschriebener allegorischer Roman,
der, um ihn einem weiteren Kreise zugänglich zu,machen', in die Vulgärsprache umge-
schrieben und 149g mit trelTlichen Holzschnitt-lllustrationeniversehen von Aldus in Venedig
durch den Druck verötfentlicht wurde.