Sie ist von Johann Köstler in
Steinamanger signiert, der dort um
1830 arbeitete. Bemerkenswert an
dieser Uhr sind der lluygen'sche
Aufzug mit endloser Schnur, die
Sekunde aus der Mitte, zusammen
mit dem Minutenzeiger und die bei-
den getrennten Zifferblätter für die
Stunde und das Datum.
Die Bodenstanduhr Abb. 11 be-
sitzt bereits den einheitlichen, voll
entwickelten Kastenaufbau. Wir ha-
ben hier einen wohlproportionierten
zarten Kasten, der das Werk und
Zifferblatt als den entscheidenden
Teil betont hervortreten läßt. Es
handelt sich hierbei um eines der
bedeutendsten Stücke der Samm-
lung Sobek, nämlich um ein Haupt-
werk des genialen Uhrmachermei-
sters Mathias Ratzenhofer,
bürgerlicher Meister in Wien 1789,
"l" 1839, der 1835 eine Bronze-Me-
daille erhalten hatte. Ratzenhofer
war ein exquisiter Meehanikus,
der sich an die schwierigsten fein-
mechanischcn Probleme mit Erfolg
herangcwagt hatte. Das Uhrwerk
dieser Uhr hat als ganz besonderen,
fast einmaligen Zug einen horizon-
talen Ankergang und dementspre-
ehend ein horizontal liegendes
Gangrad, was zu dem im Oberen
Teil des Zifferblattes ersichtlichen
zylinderförmigen Sekundenindika-
tor führt. Das Zifferblatt selbst ist
aus Milchglas und enthält eine
Reihe von Indikatoren, die wir am
besten an der Großaufnahme Abb. 12
beschreiben; außer den ungewöhn-
lich schön gearbeiteten Stahlzei-
gern für Stunden und Minuten ist
noch ein Thgesdatum-Zciger aus
der Mitte vorgesehen, der - je nach
der Monatslänge - am Ende des
Monats zur Eins zurück springt.
Rechts und links sind zwei Kalen-
derzifferblätter mit je zwei Zeigern
und dazwischen eine die Mondpha-
sen angehende Kugel angebracht.
Das llilfszifferblatt auf der rechten
Seite gibt die Wochentage und die
zugehörigen astrologischen Tages-
regenten, der innere Kreis die Tier-
kreiszeichen an. Das linke Hilfszif-
ferblatt gibt außen die Monate und
innen den vierjährigen Schaltjahrs-
zyklus an. Diese Indikationen las-
sen erkennen, daß das Uhrwerk
einen regulären hundertjährigen
Kalender besitzt, eine Anordnung
die ebenfalls höchste Ansprüche an
die feinmechanischen Fähigkeiten
stellt.
Die letzte Vollendung in der Stand-
uhrform dieser Epoche erscheint uns
die in Abb. 13 gezeigte Dreimonats-
uhr zu besitzen, die von dem bereits
frühergenannten jose ph Bin d e r
um 1818 in Wien hergestellt wor-
den ist. Bezüglich des Werkes cr-
wähnen wir als erstes das schwere
Kompcnsationspendel nach lilicott
mit einer 'l'emperaturanzeige, die
Angabe der Zeitgleichung (Equa-
tion) durch einen dritten Zeiger aus
der Mitte, die Angabe von Sonnen-
Auf- und Untergang in der Ausneh-
mung über der Mitte. nebst Tag-
und Nachtlängcn, des jeweiligen
Monats und Tierkreiszeichens und
der Wochentage am linken Hilfs-
zifferblatt, der jeweiligen Zeit an
verschiedenen wichtigen Plätzen der
Erde (Weltzeituhr) am rechtenllilfs-
Zifferblatt und der Mondphasen
durch eine kleine Kugel unterhalb
der Mitte.
Der Besitz einer kunstvollen und
genau gehenden Bodenstanduhr
hat bis in die zweite Hälfte des
19. Jahrhunderts einerseits ein At-
tribut eines wohlmontierten llau-
ses dargestellt und andererseits
zum selbstverständlichen Inventar
jedes Uhrmachergewölbes gehört.
Im letzteren Fall waren die Uhren
sehr häufig die Mcisterstücke des
betreffenden Inhabers und gaben
durch ihre Ausführung nicht nur
Zeugnis für die Geschicklichkeit
und den Geschmack bei der Aus-
wahl des Kastens, sondern dien-
ten gleichzeitig als Regulatoren
zum Einstellen der reparierten
Uhren. Als Beispiel für solche Bo-
denstanduhren zeigen wir noch die
Abb. 14, 15 und 16, die die all-
mählichen Kastenveränderungen
entsprechend zum Zeitgeschmack
erkennen lassen. Bei Abb. 14 ist
der skelcttierle Aufbau analog
Abb. 3 zu erwähnen; Abb. 15 zeigt
eine jahresuhr von Franz Foggen-
berger aus Altlerchenfeld um1830
und Abb. 16 einen besonders ge-
nau gebauten Monatsregulator
mit Quecksilber-Kompensation
nach Graham, um 1850.
Bei einer mehrere hundert Objekte
umfassenden Sammlung ist die Be-
schränkung auf einen kleinen Pro-
zentsatz nur bei einer sehr subjek-
tiven Aufgahenstellung möglichÄVir
haben uns hier auf eine Charakteri-
sierung der llauptstärke der Samm-
lung - nämlich auf die Wiener
Meister der Wende vom 18. zum 19.
Jahrhundert und der anschließenden
Biedermeierzeit - beschränkt. Auch
hier konnten wir nur einen ganz
kleinen Teil im Bilde bringen. Da-
neben finden sich in der Sammlung
Sobek in größerer Anzahl wichtige
Uhren aus dem österreichischen
Raum der alten Monarchie und
auch bedeutende Vertreter West-
europas.
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