14x
einer neuen Richtung des Holzschnittes, den nun, wie die Stecherkunst,
die durch ihren blendenden Prunk durchdringende Rubens'sehe Schule
unter die Flügel nimmt. Die Italiener leisten unter Tizian's Einfluss das
Bedeutendste in einem grossartigen Style, welcher in den grossen Blättern
des Unterganges des Pharao und dem Triumph Christi nach jenem Meister
wahrhaft monumentalen Charakter erreicht. Frankreich präsentirt seine
zierlichen Renaissance in einigen guten Arbeiten des 16. Jahrhfs. Was
von I-Iolzschnitten des 17. und 18. und -- I9. Jahrhfs ausgestellt ist,
bringt den Verfall der edlen Kunst klar zu Anschauung. Perioden, welche
im malerisch gehaltenen Kupferstich allein ihren Ruhm auf dem Gebiet
der graphischen Künste suchten, mussten die Pflege des I-Iolzschnittes ver-
nachlässigen oder ihn schliesslich zur Imitation eben des Kupferstiches und
in derselben zweitens gleichfalls durch malerische Gelüste verderben, worin
der sog. vI-Iolzstichu in unserer Zeit ad extremum gegangen ist.
Die bisher genannten Holzschnitte sind einfarbige, blos mit der,
Schwärze auf weisses Papier gedruckt. Den Uebergang zu den Farben-
holzschnitten und Clairobscurs bilden die Weissschnitte, bei denen so zu
sagen das Weiss des Papiers für die Zeichnung ausgespart, der Grund in
Schwarz dargestellt ist. Helldunkelblätter in zwei und drei Farben zum
Theil von wundervoller Vollendung sind aus der deutschen, italienischen,
niederländischen und englischen Schule vorhanden. Neben Kranach's heil.
Christoph, den Hexen Baldung Grien's, einem Blatte des in dieser Technik
virtuosen Wechtlin's, enthält die Ausstellung in dem mit Gold aufgedruckten
Kaiser Max und dem herrlichen heil. Georg zu Pferde, beide von I-lans
Burgkmair, zwei der seltensten Proben dieser schönen Kunst, die bald er-
loschen ist und erst heute wieder versuchsweise aus der unverdienten
Vergessenheit gezogen wird. Von den Italienern finden wir Hugo da Carpi,
A. de Trento, Andreani, endlich Goltzius, Rubens, Sallerts, Jackson u. a.
Noch mehr als die Vorgeschichte der I-Iolzschneidekunst liefert jene
des Kupferstichs den klaren Beweis, dass der allein mächtige und ent-
scheidende Wecker neuer Erfindungen nicht die Speculation ist, die sich
daran macht, aus dem Nichts heraus etwas Neues zu entdecken, sondern,
dass die Vervollkommnung zufällig gemachter Erfahrungen, unterstützt durch
ein neuerwachtes Bedürfniss, die embryonischen Keime plötzlich zur Pflanze
zeitigt. Seit wie vielen Jahrhunderten übten nicht orientalische und auch
abendländische Völker die Kunst, gravirte Vertiefungen in Metallflächen
mit Farbe einzureiben oder mit schwarzer Schmelzmasse einzulegen, wobei
doch nicht anzunehmen, dass etwa ein Maso Finiguerra oder wie immer
er hiess, der Erste gewesen wäre, welcher zur Probe des ausgeführten
Metallschnittes einen Abdruck davon genommen, -- und doch führte dieser
einfache Vorgang, der zu einem ganz andern Zwecke unternommen worden
war, zur Aufdeckung einer neuen Technik! Dem Ereignisse kam eben das
zu gleicher Zeit lebendig gewordene Bedürfniss nach Herstellung billiger
und zahlreicher bildlicher Darstellungen in einfacher Gestalt, zum Zwecke