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und stellt sich auf jene der jeweiligen Zweckmäßigkeit und ihr folgt auch
die Decoration mit ihrer ureigenen Phantasie.
Alle Meister der Kunst in der Renaissance bis zum kleinsten herab
haben ihren Antheil, sei es an der ästhetischen Ausgestaltung, sei es an
der wunderbaren, einen eigenen Stil darstellenden ornamentalen Aus-
zierung der Waffe. Der unmittelbare Einfluss des Donatello, des Cara-
dosso, des Giovanni B. Mantuano u. A. auf die stilistische Ausgestaltung
der Harnische ist nachweisbar. In ihrer ganzen Größe wachsen allgemach
die WaHenschmiede Pifanio Tacito, Serabaglio, Piccinino, Nigroli als
Kunstrneister ersten Ranges heraus. Wie wichtig erscheinen nun die
Colonien der Waifenschmiede von Bourdeaux und Lyon in ihren Be-
ziehungen zur Schule von Fontainebleau. In Deutschland wirkt Dürer,
Allen voran, im Dienste Maximilians l. an der Bildung des Harnisches
der Renaissance mit dem Plattner Hans Grünewalt zu Nürnberg, später
Burgkmair mit dem Plattner Lorenz Colman zu Augsburg. Dürer lieferte
die Entwürfe für den silbernen Harnisch Maximilians von 1517. lhm nach
folgte das glänzende Heer der deutschen Kleinmeister in der wunder-
vollen Auszierung der Waffen, so Aldegrever, Holbein, die Beham, Cranach
und noch gar viele Andere.
Die schwere Aufgabe, die historische Waffenwissenschaft nach allen
Richtungen hin mit gleichem Eifer zu pflegen, hat eine Vereinigung von
Fachmännern auf sich genommen, durch welche nach einer Vorberathung
in Dresden 1895, zu Wien 1896 ein Verein für historische Waffen-
kunde gegründet wurde, welcher nach seinen Satzungen Oesterreich-
Ungarn und Deutschland umfassen soll, ohne die Betheiligung von Aus-
lindern auszuschließen.
Mit der Pflege der Wissenschaft hat der neugegründete Verein auch
die Aufgabe auf sich genommen, allen seinen Mitgliedern und Freunden
des Faches und nicht zum wenigsten den Sammlern durch Rath und
That dienlich zu sein, und wird auch sonst bestrebt sein, für eine sichere
Werthbestimmung alter Waffen im Handel sicherere Grundlagen zu
schaffen.
Eine reich ausgestattete, vierteljährig erscheinende Zeitschrift wird
den wissenschaftlich-fachlichen,' wie den Interessenverkehr vermitteln. Der
Verein zählt schon zur Stunde über zoo Mitglieder, darunter hervor-
ragende Persönlichkeiten unseres Allerhöchsten Kaiserhauses, der Hohen-
zoller'schen Dynastie und der ersten deutschen Regentenfamilien, des
Hochadels, der Armee in ihren höchsten Spitzen, nicht minder zahlreiche
Gelehrte und Angehörige der Kunstwelt. Aus diesen überraschenden
Erstlingserfolgen ist zu ersehen, einem wie lebhaften Bedürfnisse der
neue Verein entgegenkornmt, der ebenso ideale als praktische Ziele zu
erreichen berufen ist. Wendelin Boeheim.