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Typen als Vorbilder, complete Gegenstände erzeugt werden. Solche
Falsii-icate schaden insbesondere auch dadurch, dass sie die Anschauungen
über die Entwicklungen älterer Kunstübungfen irre zu führen im Stande
sind. -- Derartige, doch nicht auf Täuschung berechnete Erzeugnisse
finden sich übrigens in wichtigen Kunstperioden. Finden wir doch einen
analogen Vorgang sogar in großem Stile auf dem Gebiete der monu-
mentalen Architektur.
Auch auf Arbeiten der Kleinkunst erstreckte sich ein solches Ver-
fahren schon im antiken Zeitalter. Wir finden beispielsweise Nachrichten
über einen solchen Fall bei Cicero, und zwar in der vierten seiner
verrinischen Reden, von der Plünderung an Kunstwerken, worin die
schamlosen Räubereien des berüchtigten Propraetors auf Sicilien ge-
schildert sind, denen die alten, dem Götterculte dienenden goldenen
Gefäße, Schüsseln, Schalen und Rauchfässer zum Opfer fielen. Die kunst-
vollen Reliefbilder dieser Werke wurden den für Verres von dessen
Goldschmieden zu Syrakus angefertigten Bechern etc. so geschickt
applicirt, ndass man glaubte sie seien angewachsen und von jeher dazu-
gemacht-t.
Wieder eine andere Art von Fälschungen, von denen sogar ihre
eigenen Urheber, ohne die Unwahrheit zu sprechen, behaupten können,
dass jedes Stück an ihnen echt sei, sind die Pasticci, die Zusammen-
stellungen mehr oder weniger schlecht harmonirender, ursprünglich gar
nicht zusammengehöriger Theile. Die Cuppa eines Trinkbecbers mit
einem Leuchterfuß; oder die Elfenbeinschnitzerei eines Diptychons mit
dem Deckel eines alten Kästchens. Obwohl solche Dinge den Kündigen
zunächst nicht täuschen können, so tragen sie im Allgemeinen doch viel
zur Verschlechterung der Kunstanschauungen bei.
Bis jetzt war nur von Fälschungsarbeiten die Rede, an denen
immerhin wenigstens ein Bruchstück echt und schätzenswerth sein konnte.
Der weitaus größte Theil aller Fälschungen zeigt jedoch gar nichts
Echtes. - Die Gegenstände werden ganz und gar neu angefertigt, wobei
jedoch nicht ausgeschlossen ist, dass das verwendete Material, Holz,
Pappe, Knochen, Papier und Pergament, Glas u. s. w. sich als solches
eines sehr respectablen Alters erfreut. Das Sammeln solch' alten Materials
wird gar sorgfältig und eifrig betrieben und gehört oGenbar zu den
wichtigsten Förderungsmitteln der Fälscherkunst. Es müssen unglaubliche
Massen elend verwahrloster und unbrauchbar gewordener Dinge sein,
die fortwährend die nöthigen Rohstoffe liefern, aus denen die begehrens-
werthesten Kostbarkeiten für den Liebhaber hergestellt werden. Zu
diesem alten Material sind billig auch noch die stotflichen Producte zu
rechnen, die schon bis zu einem gewissen Grade formale Behandlung
zeigen, wie z. B. verschiedene Gewebe oder charakteristisch zubereitete
Ledersorten.