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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 1)

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der Untersuchung von Erzeugnissen, die in größerem oder geringerem 
Grade auf Täuschung berechnet sind, manche Aeußerung'mndernen 
Kunstfleißes würdigen lernt, die unerkannt fortbesteht und nur der 
fremden Flagge den ihr entgegengebrachten Respect verdankt. 
Neben den unzweifelhaft echten Stücken haben hervorragende, ge- 
lungene Falsificate als Vergleichsobjecte sein Studienmaterial zu bilden, 
und es ist daher das bewusste Sammeln und Ordnen 
charakteristischer Typen von Nachahmungen aller Art nur 
eine Frage der Zeit. 
Auch für bloße Liebhaber empfiehlt sich ja schon die comparative 
Methode, das Studium der echten neben den nachgeahmten Arbeiten. 
Möchte doch jeder Sammler einen Winkel reserviren für Falsificate 
vollkommenster Art, nicht etwa für plumpe Nachälfungen, durch die ja 
ohnehin kaum Jemand getäuscht werden kann. 
Desgleichen wäre Stücken unbekannter oder im Augenblicke nicht 
vollkommen sicher zu bestimmender Provenienz mit Nutzen unter allen 
Umständen Gastfreundschaft zu gewähren. 
Manches wichtige, ja unschätzbare Stück wäre vielleicht heute die 
Zierde irgend eines Museums, wäre es nicht voreilig der Verwahrlosung, 
ja dem Untergange geweiht worden, ganz allein aus dem Grunde, weil 
ihm der Geleitbrief einer Tradition oder das unsichere Zeugniss einer 
Marke mangelte. 
Es ist selbstverständlich, dass die Methoden zur Untersuchung kunst- 
gewerblicher Objecte nichts weniger als einfach sein können. Auf die 
hiebei in Frage kommenden Hilfswissenschaften braucht nur kurz hin- 
gewiesen zu werden: auf die Cultur- und Kunstgeschichte, die allgemeine 
und specielle Stilgeschichte, die Costlimlehre, der die Kunde von der 
Entwicklung der Waffen, des Hausrathes, der Möbel, Gefäße u. s. w. 
einzubeziehen ist, das Studium der Ornamentik, nicht minder der Paläo- 
graphie, der Heraldik u. s. w. Was diese Disciplinen auch dem gebildeten 
Laien als Sammler nützen, braucht nicht hervorgehoben zu werden. 
Speciell dem Fachmanne stehen noch weitere Aufklärungsmittel zu 
Gebote, die ich in ihrer Gesammtheit als zur Physiologie der kunst- 
technischen Erzeugnisse gehörig bezeichnen möchte. Die gründliche 
Kenntniss der Materialien, nicht weniger der verschiedenen Methoden 
ihrer Verarbeitung, der Technologie der Kunst in ihrer historischen Ent- 
wicklung. Ueber die Fragen der verwendeten Materialien, ihrer Färbung 
und sonstigen theilweisen oder totalen Substanzveränderung gibt die 
Chemie gar oft die unervrartetsten Aufschlüsse. Ueber die Natur gewisser 
animalischer und vegetabilischer Körper belehrt den Sammler das Mikro- 
skop. Physikalische Erscheinungen an den zu untersuchenden Gegen- 
ständen geben auch bei makroskopischer Betrachtung oft mit Sicherheit 
Aufschluss über anscheinend der Erforschung ganz Unzugängliches.
	        
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