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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 2)

land weiter gefasst wie bei uns. Jede Coruposition, der ein absichtvolles 
Arrangement zu Grunde liegt, die nach irgend einer Richtung imaginäre 
Formen aufweist, gilt als decorativ, wenn ihr auch ein ornamentaler 
Charakter nicht im Entferntesten innewohnt. Da wir speciell die Buch- 
illustration im Auge haben, so sind es in erster Linie die decorativen 
Künstler, die uns interessiren. Für diese war keine Bewegung so wichtig, 
keine Inspiration so bedeutungsvoll wie die der Prärafaeliten. Die Wieder- 
belebung des Geistes der Frührenaissance, die Vorliebe für Mysticisrnus 
und Symbolismus umfasste von vorneherein starke decorative Elemente, - 
und so schloss sich die Illustrationskunst in demselben Maße, als sie 
auch selbst allmälig der überkommenen Manier und des leeren For- 
malismus müde wurde, den Lehren der Prärafaeliten an. Das ging so 
weit, dass auch die Fehler und Mängel dieser Schule von ihr auf- 
genommen wurde. Das Abstoßende und Harte von Rossetti, die selbst- 
quälerische Tiftelei in Ausführung nichtssagender Details, wie sie Holrnan 
Hunt betrieben, die Vernachlässigung der Perspective, so dass Nah und 
Fern in derselben Ebene zu liegen scheinen, die Verdunkelung des 
Hauptinhalts durch nebensächliches Beiwerk, Alles dies zeigten, besonders 
in der ersten Periode, d. i. in der Zeit von etwa 1860-70, die Werke 
der Illustratoren auch. Einzelne halten bis heute an dieser oder jener 
der erwähnten Einseitigkeiten fest. -- Ueber diese formalen Mängel darf 
man jedoch nie vergessen, welche inneren Qualitäten gewonnen wurden. 
Ernst, Aufrichtigkeit, gedankenvolle Tiefe, lebendige, warme Empfindung, 
Frische und Unmittelbarkeit waren der früheren lllustrationskunst fast 
abhanden gekommen, und alle diese Eigenschaften entfalteten sich jetzt 
mit merkwürdiger Kraft und Fülle. Wenn viel des Zierlicheu, Cefälligen, 
Tadellosen dabei geopfert wurde, wird dies Keiner bedauern, dem die 
Kunst mehr als liebliche Augenweide bedeutet. 
Einer Derjenigen, die sich am frühesten der prärafaelitischen Be- 
wegung anschlossen, war Frederick Sandys. Er gehörte der älteren 
Generation der decorativen Zeichner an und trat ihr bei, als sein Ruf 
bereits begründet war. Sein Uebertritt erregte in Fachkreisen Aufmerk- 
samkeit, und die Anerkennung der Prärafaeliten, die darin lag, öffnete 
auch Anderen die Augen. Die mystische Melancholie, das ernste Pathos, 
das seine neuen Werke zur Schau trugen, die schauerliche Feierlichkeit, 
die seinem nl-larald Harfagrn innewohnte, das Alles verfehlte seine Wirkung 
nicht und veranlasste schon in den Sechziger Jahren jüngere Genossen, 
der Bewegung beizutreten. (Fmmmng folgt)
	        
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