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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 3)

Ganz vorzüglich und von originellster Phantastik sind die Randverzie- 
rungen, deren Motive er dem Text entnimmt, - ln den Illustrationen 
zu Salome verfällt er ganz in die Art und Weise der modernen Sym- 
bolisten. Man darf nicht fragen, was er hier will und beabsichtigt, seine 
Freunde versichern, es sei auch nicht nöthig, es zu wissen, er wisse es. 
wohl selbst nicht, man miisse es mit subiectiver Empfindung genießen 
wie Musik. Manches ist wie im Opiumrausch componirt, wie im wüsten 
Traum erschaut, wo die Dinge chaotisch in einander Hießen. Es sind 
Visionen, Phantasien der Hypnose, unverkennbare Merkmale des Krank- 
haften an sich tragend. 
In anderen, kleineren Werken hat Beardsley sichhauptsächlich 
darauf verlegt, europäische Dinge in japanischer Form darzustellen. So 
im wYellow Booku, wo er das Theater mit seinem Zuschauerraum, Damen 
im Boudoir, Tänzerinnen, Kellner u. dgl. zeichnet. Häufig versucht er 
Alles in Weiß und Schwarz ohne Zuhilfenahme von Mitteltönen dar- 
zustellen und lässt nebenbei Proben seines nicht unbedeutenden humori- 
stischen Talents mit einfließen. In der launigen Erzählung aThe Rape of 
the Locke, einer grotesken Liebesgeschichte, verbindet er geschickt und 
phantastisch das Rococo mit dem Japanismus. 
Um Beardsley hat sich eine Schaar Gleichgesinnter gesellt. Sie 
haben Zeitschriften gegründet, um sich zu vertheidigen und ihr Genre 
populär zu machen, und auch sonst nichts unterlassen, was die Aufmerk- 
samkeit auf sie lenken konnte. vThe Dialu, nThe Savoyu, nThe Quartett 
sind solche Journale. Bei manchen Beiträgen meint man, die Mitarbeiter 
hätten kein anderes Ziel, als sich gegenseitig an Wahnwitz zu übertreffen. 
Jeder trachtet das Niedagewesene auszuhecken, so subjectiv, tiefsinnig 
und dämonisch als möglich zu sein. Es ist Nietzsche in der Kunst, der 
Uebermensch um jeden Preis. Aber diesen Uebermenschen stehen die 
Unzulänglichen so knapp zur Seite, dass man sie oft kaum von einander 
unterscheiden kann. 
Die Stümper aller Nationen dünken sich bereits Meister genug, die 
blendeuden, absonderlichen Aeußerlichkeiten nachzuahmen und meinen, 
wenn sie ihre undisciplinirten Einfälle so mysteriös wie möglich zu Papier 
bringen, so sei dies genug. Mit der bloßen Verhässlichung aller Erschei- 
nungen in einer bestimmten europäisch-japanischen Manier ist aber nichts 
gethan. Keine andere Gattung wird so rasch haltlos und leer in den 
Händen Unberufeuer wie diese, denn in der geistreichen Ausnützung der 
geringsten und einfachsten Mittel, und einer gewissen Originalität der 
Linienführung liegt ihr Hauptreiz. Mit solchen Mitteln zu wirken, kann 
aber nur Sache des Virtuosen sein. Je größer die Rolle ist, die der 
witzige Einfall und die Geschicklichkeit dabei spielen, auf einen desto 
erleseneren Kreis von Künstlern sollte dieses Genre beschränkt bleiben. Statt 
dessen hat sich die Mode der Sache bemächtigt. Alles soll in der neuen 
Manier illustrirt werden. Neben manchem begabten Künstler sind die
	        
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