Ganz vorzüglich und von originellster Phantastik sind die Randverzie-
rungen, deren Motive er dem Text entnimmt, - ln den Illustrationen
zu Salome verfällt er ganz in die Art und Weise der modernen Sym-
bolisten. Man darf nicht fragen, was er hier will und beabsichtigt, seine
Freunde versichern, es sei auch nicht nöthig, es zu wissen, er wisse es.
wohl selbst nicht, man miisse es mit subiectiver Empfindung genießen
wie Musik. Manches ist wie im Opiumrausch componirt, wie im wüsten
Traum erschaut, wo die Dinge chaotisch in einander Hießen. Es sind
Visionen, Phantasien der Hypnose, unverkennbare Merkmale des Krank-
haften an sich tragend.
In anderen, kleineren Werken hat Beardsley sichhauptsächlich
darauf verlegt, europäische Dinge in japanischer Form darzustellen. So
im wYellow Booku, wo er das Theater mit seinem Zuschauerraum, Damen
im Boudoir, Tänzerinnen, Kellner u. dgl. zeichnet. Häufig versucht er
Alles in Weiß und Schwarz ohne Zuhilfenahme von Mitteltönen dar-
zustellen und lässt nebenbei Proben seines nicht unbedeutenden humori-
stischen Talents mit einfließen. In der launigen Erzählung aThe Rape of
the Locke, einer grotesken Liebesgeschichte, verbindet er geschickt und
phantastisch das Rococo mit dem Japanismus.
Um Beardsley hat sich eine Schaar Gleichgesinnter gesellt. Sie
haben Zeitschriften gegründet, um sich zu vertheidigen und ihr Genre
populär zu machen, und auch sonst nichts unterlassen, was die Aufmerk-
samkeit auf sie lenken konnte. vThe Dialu, nThe Savoyu, nThe Quartett
sind solche Journale. Bei manchen Beiträgen meint man, die Mitarbeiter
hätten kein anderes Ziel, als sich gegenseitig an Wahnwitz zu übertreffen.
Jeder trachtet das Niedagewesene auszuhecken, so subjectiv, tiefsinnig
und dämonisch als möglich zu sein. Es ist Nietzsche in der Kunst, der
Uebermensch um jeden Preis. Aber diesen Uebermenschen stehen die
Unzulänglichen so knapp zur Seite, dass man sie oft kaum von einander
unterscheiden kann.
Die Stümper aller Nationen dünken sich bereits Meister genug, die
blendeuden, absonderlichen Aeußerlichkeiten nachzuahmen und meinen,
wenn sie ihre undisciplinirten Einfälle so mysteriös wie möglich zu Papier
bringen, so sei dies genug. Mit der bloßen Verhässlichung aller Erschei-
nungen in einer bestimmten europäisch-japanischen Manier ist aber nichts
gethan. Keine andere Gattung wird so rasch haltlos und leer in den
Händen Unberufeuer wie diese, denn in der geistreichen Ausnützung der
geringsten und einfachsten Mittel, und einer gewissen Originalität der
Linienführung liegt ihr Hauptreiz. Mit solchen Mitteln zu wirken, kann
aber nur Sache des Virtuosen sein. Je größer die Rolle ist, die der
witzige Einfall und die Geschicklichkeit dabei spielen, auf einen desto
erleseneren Kreis von Künstlern sollte dieses Genre beschränkt bleiben. Statt
dessen hat sich die Mode der Sache bemächtigt. Alles soll in der neuen
Manier illustrirt werden. Neben manchem begabten Künstler sind die