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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 3)

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die Kraft der Mutterliebe verherrlicht. - Eine Mutter ringt mit dem Tode 
um das Leben ihres Kindes, und nach langem Kampfe siegt die Mutter- 
liebe. - Wuchtiger Ernst, düstere Melancholie, tiefe Tragik des Lebens 
zieht durch diese Blätter und eine geheimnissvolle Kraft des Ausdrucks, 
an Gerhard Hauptmann erinnernd, hebt sie aus der Niederung eng be- 
grenzten Daseins auf das Niveau typischer Vorbildlichkeit. 
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Der Kreis der decorativen Künstler ist durch die genannten Meister 
noch lange nicht geschlossen, es sind nur einige der markantesten Er- 
scheinungen innerhalb der drei Gruppen, die wir näher in's Auge gefasst 
haben. ihnen entgegen stehen die Naturalisten'). Ist für jene die Form 
das Ausschlaggebende, auch wenn sie der Wirklichkeit nicht entspricht, 
so geht bei diesen die Phantasie nicht über das wirklich Geschaute hin- 
aus und beschränkt sich darauf, aus der Wirklichkeit das künstlerisch 
Charakteristische zu entnehmen. Die Kunst der Naturalisten ist weniger 
exclusiv englisch als die der decorativen Künstler. Sie ist fremden Ein- 
flüssen nicht unzugänglich geblieben, hat mit Frankreich, Deutschland, 
Amerika Fühlung genommen, ist ihrem Wesen nach international. Ihr 
Darstellungsgebiet ist die ganze sie umgebende Welt. Aber nur Wenige 
beherrschen einen größeren Kreis von Erscheinungen, die meisten haben 
sich ein engbegrenztes Arbeitsfeld auserkoren, auf dem sie es dann aller- 
dings zur Meisterschaft gebracht. Die Landschaft, das Militärwesen, die 
Marine, die Jagd, bestimmte Kreise und Schichten der Gesellschaft bilden 
ihr Thema, ebenso Reisebeschreibungen und ethnographische Schilderungen, 
die ja in England von jeher ein großes und dankbares Publicum fanden. 
Einer der vornehmsten und bewährtesten Landschafter und Zeichner 
von Volkstypen ist der Schotte George Reid, ein Genie des Fleißes und 
der höchsten künstlerischen Außassung. Ein Kenner von Land und Leuten 
seiner engeren Heimat wie kaum ein Zweiter. Seine Zeichnungen mit 
der Feder sind so fein ausgeführt, dass sie nur in Heliogravure richtig 
wiedergegeben werden können. Er hat daher nie etwas für eine Zeit- 
schrift gezeichnet, da ihm für seine Art der Ausführung die bei Zeit- 
schriften übliche Drucktnethode nicht genügte. Er nimmt nichts auf, was 
nicht wesentlich wäre, und lässt nichts weg, was der Arbeit Actualität 
verleihen könnte. nThC Riwer Tweed and The Riwer Clydeu, worin sein 
landschaftliehes Talent am sprechendsten zum Ausdrucke kommt, sind 
Prachtwerlte, die weit über die Grenzen Großbritanniens verbreitet zu 
werden verdienten, obwohl sie nur bescheidene schottische Flüsschen mit 
ihren Ufern und Anwohnern schildern. 
Als Landschafter und Zeichner von Volkstypen zeichnet sich ferner 
Joseph Pennell aus. Seine Reise auf der Saöne zeigt ihn als Feder- 
zeichner, der sich bei Allem auf Darstellung des Wichtigsten zu be- 
') Vergl. für das Fßlgende: Harpcr, English pen nlxüists of uJ-dny. London 1392.
	        
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