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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 5)

kleinen zusammengeleimten Klotze oder Holzstäbchenbündel erzielte man 
eine größere Anzahl ganz gleicher dünner Furnirblätter, die, entweder 
einzeln oder zu Bändern zusammengesetzt, als Einlagen für Kästchen, 
Truhen u. dgl. m. verwendet wurden. 
Diese alte Technik dürfte orientalischen Ursprunges und von dort 
nach Europa gekommen sein. Sie tritt uns zuerst in Italien entgegen, 
und zwar im r4. Jahrhundert; es muss jedoch angenommen werden, dass 
man sie hier bereits im frühen Mittelalter gekannt habe. Italien bleibt 
denn auch für Europa die Wiege der eingelegten Holzarbeit, und die 
Technik der lntarsia erhebt sich daselbst - in stilistischer Beziehung -- 
zu den bedeutendsten, zu wahrhaft künstlerischen Leistungen, nachdem 
sie sich von der rein geometrischen Form, von der sie zunächst beherrscht 
ward, losgemacht und die Figur, sowie das freie Ornament in den Bereich 
ihrer Darstellung gezogen hatte. 
Die Herstellung des Mosaiks, das wir in jener frühen Periode in 
Italien antreffen - eine zeitraubende Procedur - mochte wohl Denjenigen, 
der sie handwerksrnäßig betrieb, nicht ernähren. Erst dort, wo die Arbeit 
nicht mit-dem Erwerbe Hand in Hand gehen musste, entwickelte sich 
eine Pilegestätte dieser Technik. In den Klöstern, den Certose Nord- 
italiens (vermuthlich von Venedig ausgehend) fand sie nicht nur Aufnahme, 
sondern auch Förderung. Die Erzeugnisse erhielten von diesen Pflege- 
stätten auch ihren auf uns gekommenen Namen: "Certosa-Arbeite 
oder wCertosa-Mosaikn. Man darf nun aber nicht etwa voraussetzen, 
dass die einzelnen Arten oder Techniken sich zeitlich vollständig scheiden. 
Sie entwickeln sich, und später greift man auf ältere Techniken wieder 
zurück und gestaltet sie zeitgemäß um. Wir verweisen hier auf eine so- 
genannte Certosa-Arbeit, die ihrer Technik nach zu den ältesten Erzeug- 
nissen gehören müsste, indem sie zu großem Theile die ursprünglichste 
Form eingelegter Arbeit zeigt, nämlich die Incrustation. Und doch ent- 
stammt dieselbe erst dem 16. Jahrhundert und bildete angeblich einen 
Theil des Mobiliars der Certosa bei Pavia. Wie dem auch sei, jedenfalls 
ist jener Sessel, den wir hier im Auge haben (abgebildet in Teirich, 
Blätter für Kunstgewerbe I, Tafel 41), eine der geschmackvollsten Arbeiten 
dieses Genres. In Palisanderholz hergestellt, zeigt derselbe Einlagen aus 
Buchsholz und Bein. Nicht allein seine Gesammtform, sondern auch seine 
Decoration lassen Einflüsse 'des Orients in deutlicher Weise erkennen. 
Die kleinen sternförmigen Blumen, aus einzelnen eingelegten Bein- 
plättchen hergestellt, sind mit Stengeln verbunden, die sich kreisförmig 
entwickeln. Die Kreislinie ist hier nicht eine willkürliche Erfindung, sie 
ist hervorgegangen aus der Technik. Die feinen Adern sind in massives 
Holz eingelassen und die Vertiefungen, die nuthartigen Furchen, die hierzu 
erforderlich, sind mit einem kleinen gezähnten Instrument, einem soge- 
nannten nNuthenreißer-t oder i-Adernkratzerß, das für diesen Fall 
an einer zirkelartigen Führung sich bewegt, eingekratzt. Das vereinfacht
	        
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