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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 11)

Peter Flötner, ein Bahnbrecher der deutschen Renaissance. Auf Grund 
neuer Entdeckungen geschildert von Dr. Konrad Lange, o. ö. Pro- 
fessor der Kunstgeschichte u. Aesthetik an der Universität Tübingen. 
Mit m Lichtdrucktafeln und 47 Textabbildungen. Berlin, Grote, 1897. 
kl. Fol. X u. 180 S. M. 30. 
Ueber die Entstehung dieses Werkes erzahlt der Verfasser, er habe, als er im 
Jahre t393 mit Dr. Schwenke die sogenannte Silberbibliothek des Herzogs Albrecht von 
Preußen verülfentlichte '), eine Gruppe von gleichartigen Plaketten zusammengestellt und 
ihren Urheber als reinen der betriebsamsten Meister dieser Gattung, etwa in der Art 
des Flbtnern bezeichnet. -Wir ahnten damals nicht, wie nahe wir damit der Wahrheit 
gekommen waren. Erst nach dem Erscheinen unserer Silberbibliothek, im Herbste 1894, 
erhielt ich durch eine Reise nach Wien Gelegenheit, gewisse Steinreliefs im dortigen 
ltunsthistorischen Hofmuseum, die von früheren Gelehrten in eine für uns nicht con- 
trolirbare Verbindung mit Flotner gebracht worden waren, selbst in Augenschein zu 
nehmen. Wie sehr war ich erstaunt, auf einem derselben, der Caritas Nr. 59, die ganz 
deutliche Signatur Flbtnefs zu finden, wodurch alle bis dahin von mir gesammelten 
Plaketten mit einem Schlage als Werke dieses Künstlers erwiesen wurden! . . . . Sofort 
theilte ich meine Entdeckung den Beamten des Museums mit, wobei ich erfuhr, dass 
Herr Dr. Domanig, Custos der dortigen Medaillen-Abthetlung, die Bedeutung der Reliefs 
ebenfalls schon erltannt habe und eben im Begriffe sei, eine Abhandlung über rPeter 
Flotner als Plastiker und Medailleurn im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen 
des Allerh. Kaiserhauses (Bd. XVl) zu veroEentlichen. Bei einem Vergleiche unseres beider- 
seitigen Materials stellte sich dann auch heraus, dass wir genau dieselben Plaketten auf 
Flbtner zurückführten. Dies musste mir natürlich als Bestätigung meiner Zuweisungen 
um so willkommener sein, als wir beide ganz selbständig und von verschiedenen Aus- 
gangspunkten aus zu diesem Resultate gekommen warenu 
Ursprünglich beabsichtigte nun Lange, einen Nachtrag zu meiner Arbeit zu geben, 
die sich ja vornehmlich nur mit Flötner's in den kunsthistoriachen Sammlungen des 
Allerh. Kaiserhauses befindlichen Werken beschäftigt; aber bald wuchs ihm das Material 
unter der Hand so an, dass er es vorzog, den von Lichtwark als Ornamentisten, von 
Reirners als Zeichner und Holzschneider, endlich von mir ,als Plastiker und Medailleur 
erforschten Künstler anoch einmal im Zusammenhange monographisch zu behandelnu. 
uDass ich in vielen Fragenc, gesteht der Autor, -ganz auf den Schultern meiner Vor- 
gänger stehen konnte, ,karn mir natürlich sehr zu Slülflha; aber Lange hat auch sehr 
viel und sehr wichtiges Neues zu Tage gefördert. 
Schon zur Biographie Flbtner's, worüber wir bisher so äußerst mangelhaft 
unterrichtet waren, bringt Lange manche Ergänzungen. Zunachst sei bemerkt, dass die 
neuerliche Vergleichung der Handschriften ein paar belangreiche Correcturen des von 
Lochner (Quellenschriften für Kunstgeschichte, Bd. X) mitgetheilten Textes von Neu- 
dorßer ergibt. Weitere Archivalien ergaben sodann, dass Peter Flötner am 8. August 
1523 in Nürnberg den Bürgereid leistete und dass er wahrscheinlich mit dem lfremdcn 
Bildschnitzer von Onolzbach Meister Peter: identisch ist, welcher am l. October 152a 
zum Bürger aufgenommen worden war. Ob er aus Ansbach gebürtig oder nur vor 
seiner Uebersiedlung nach Nürnberg dort wohnhaft war, muss dahingestellt bleiben; aus 
dem Umatande, dass eine Handzeichnung Flbtner's mit PF VR signirt ist könnte man etwa, 
meint Lange, annehmen, dass er von Rothenburg war. Belege hiefur lassen sich nicht 
erbringen. Seine Geburt muss mindestens in die o" Jahre des I5. Jahrhunderts fallen; 
im Jahre 153a war er schon zum zweiten Male itwer. Seine erste Frau Anna gebar 
ihm einen Sohn Caspar, der 1539 noch unmündig war und dann, wie es scheint, das 
Geschlecht fortsetzte. Mit der zweiten, einer Margaretha Hohe, lebte er nicht ganz zwei 
Jahre; als sie starb, hinterließ sie ihr geringes Besitzthum nicht ihrem Manne, sondern 
ihren Geschwistern. Wenige Monate darauf erfolgte seine dritte Vermählung mit Marga- 
retha Witwe Sonnenschein (daher die bereits durch Lochner bekannte Vormundschaft 
P. Flötnefs über Jörg Sonnenschein's seligen Kinder). Diese dritte Frau überlebte ihn 
und - bezahlte nach dem Tode des Mannes seine Schulden. 1M!!! kann daraus schließen, 
wie kümmerlich es Flötner in seinen letzten Jahren gegangen sein mussa. Weitere bio- 
graphische Daten sind bis jetzt nicht gefunden worden, auch kein äußerer Anhaltspunkt 
über die mehrfach umstrittene Frage einer Reise nach Italien. Lange halt mit Recht 
eine solche für sehr wahrscheinlich, glaubt aber, dass sie in die Zeit vor seiner Nieder- 
lassung in Nürnberg zu setzen sei; er konnte sich etwa als Landsknecht für das Heer 
Kaiser Karla V. anwerben lassen, das im Jahre 1521 über die Alpen zog. Diese Vermuthung 
') Vgl. dlmber die nMinheil. du k. k. Ocsterc. Museumu, N. F. Bd. V, S. 305.
	        
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