finden sind, als ein Ding der Unmöglichkeit bezeichnet worden ist. Man
hat sich auch hierin anders zu denken bequemen müssen, nachdem die
durchaus nkünstlichenn chemischen Verbindungen Legion geworden und
deren Vermehrung in's Unabsehbare noch zu gewärtigen ist.
Die Art und Weise der Bethätigung des constructiven Princips ist
je nach den Umständen des äußeren Lebens bestimmter Culturepochen
sehr verschieden. Der größere oder geringere Grad allgemeiner Cultur-
entwickelung, der Grad der erreichten Behaglichkeit des Lebens, die Voll-
Ikommenheit der nach irgend einer Richtung sich geltend machenden
wissenschaftlichen Erkenntniss u. s. w., beeinflussen die künstlerischen
Bestrebungen. Auf solche Umstände kommt es an, welche Richtung das
constructive Princip und hiermit auch die decorative Kunst irgend einer
Periode einschlagen soll.
Dort, wo im Ringen um culturelle Vervollkommnung, im Kampfe
um die Erhaltung und Sicherung des Lebens jede Thätigkeit zunächst
darauf ausgeht, Schutzmittel gegen Angriffe aller Art zu schaffen, wird
die ganze Aufmerksamkeit zunächst auf die technischen Errungenschaften
gerichtet, die als Wohlthaten eines gütigen Geschicke: sich wohl inten-
siver bemerkbar machen als manche Gaben der Natur, deren Besitz sehr
oft schwer genug erkämpft werden muss.
Den unter widrigen Verhältnissen thätigen Förderern der Cultur
liegen begreiflicher Weise die Ergebnisse ihrer technischen Bemühungen
als etwas Wichtiges nahe, und aus diesen Ergebnissen schöpfen sie mit
Vorliebe die Ausdrucksmittel ihrer künstlerischen Formensprache.
Wenn die Glaubensboten im Nbrden Europas, in der zweiten Hälfte
des ersten Jahrhunderts unserer Aera, die Vorkämpfer der Cultur in
Irland und die von dort ausgegangenen Förderer des Glaubens und der
Civilisation in anderen Ländern Europas, den Schatz ihrer Zierformen
mit einem Ideenkreis in Verbindung hielten, der Beziehungen zu ihrer viel-
seitigen, auch auf technischem Gebiete bahnbrechenden Thätigkeit hatte,
so können wir uns darüber sicher nicht wundern. Die typischen Erschei-
nungsformen der Hilfsmittel des Widerstandes gegen die Angriffe der
Naturgewalten konnten vor Allem mehr Würdigung finden, als die Vor-
bilder, die durch die Natur selbst dargeboten werden. Dass die wichtigste
Schutzwehr, das Textilerzeugniss in weitestem Sinne, das Ergebniss der
Flecht- und Webetechnik geradezu zum kostbaren Gut werden musste,
versteht sich von selbst. Dieses Erzeugniss war auch in jeder Weise
würdig zu befinden, für die edelsten, zumal für die dem Gotteshause an-
gehörigen Gegenstände, schmückende Gebilde darzubieten.
So sind denn die hauptsächlichen, ja herrschenden Ornamente der
angelsächsischen und irischen Kunst auf das constructive Princip zurück-
zuführen, das sich aus der systematischen Anordnung und Verschränkung