bringen. Es genügt hier der Hinweis auf die Thatsache, dass die geist-
reiche Ornamentik, von der hier einige Motive angezogen wurden, ihren
Schwerpunkt in der frei geschaffenen Construction hat, die einestheils
schon in der praktisch geübten Flechtarbeit zum Ausdruck kommt, anders-
theils aber auch nur durch die ordnungsmäßige Application verschiedener
Flachfiguren entstand, und zwar ohne die Absicht der Nachahmung irgend
eines Vorbildes, wie es die Natur vor Augen stellt.
Da es bis jetzt an einer ausreichenden, endgiltig in Gebrauch ge-
nommenen Terminologie der Ornamentik fehlt, so mag es wohl gestattet
sein, hier einstweilen Beziehungen zu verwenden, die, wenn auch für
diesen Gegenstand nicht gebräuchlich, doch allgemein verständlich sein
dürften. Ich möchte die Verzierungen aller Art, die durch ein ordnungs-
mäßiges Nebeneinandersetzen der verschiedensten Formen ent-
stehen, aggregirte Ornamente nennen. Wie häufig sie vorkommen, und
wie verschieden ihr Charakter sein kann, braucht Niemandem näher er-
klärt zu werden, der sich auch nur in geringem Grade mit Zierformen
vertraut gemacht hat.
Das Aggregiren ist unbestritten die einfachste Art der ornamentalen
Anordnung; es wird immer und immer wieder in verstärktem Maße an-
gewendet, wenn in der Entwicklung der Zierweisen sich eine neue
Richtung geltend macht, oder gar ein Rückschlag eintritt. Wir sehen
dies auch in der kritischen Stilperiode unserer Tage, wo insbesondere
das Aggregat einfacher oder complicirter Elemente uns als simple
Reihung oft sogar in der langweiligsten Aufdringlichkeit entgegentritt.
Neben den aggregirten Formen, die locker angeordnete (isolirte)
Elemente zeigen, finden sich in mannigfaltig verschiedenen Lösungen die
Ornamentconstructionen, deren Theile gemeinsame Punkte und Linien
aufweisen.
Es erscheint fast überiiüssig, erst zu erklären, dass wir hierher
gehörige eminente Beispiele in den Cdnstructionen des gothischen Maß-
werks besitzen. Die Umrisse seiner kleinsten durchbrochenen Felder
berühren sich vielfältig, in abwechslungsvollem, geistreichern Spiel, um
ein auch physisch fest zusammenhängendes und widerstandsfähiges Ganzes
zu ermöglichen. Diese aggregirten Formen möchte ich einer Gruppe
constructiver Lösungen zuweisen, die ich die agglutinirenden heiße.
Hierher zu zählen sind zahlreiche orientalische Ornamente, musivische, geo-
metrische Muster, wie die der Cosmaten u. s. w. Man hat allerorten und
zu verschiedenen Zeiten viel davon gefabelt, wie gewisse Pflanzenformen,
etwa die Verästlungen im schönen Eichenwalde, als Vorbilder alles
gothischen Verzierungswesens gedient hätten. Gerne überlasse ich es
Jedem, aus dem schönsten Baumschlag, dessen man habhaft werden
kann, die Zusammenstellungen brauchbarer Zirkelschläge herauszufinden,
die einer, wenn auch nur einfachen Maßwerltfüllung zum Prototype
dienen können.