den Museen von Stockholm und Christiania befindlichen Stühle und geschnitzten Kirchen-
thürpfosten heranziehen.
Etwaa besser ist das gothische Mobiliar in Frankreich vertreten; es gibt hier
schon einige Schränke aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Auf die bemalten und eisen-
beachlagenen Mßbel des 13. Jahrhunderts folgen die Möbel, deren Decoration der Archi-
tektur entnommen ist, Architekt und Bildhauer ersetzen den Maler und den Schlosser.
Hauptsächlich ist es aber das kirchliche Möbel, sind es die Chorsttihle, welche
Anhaltspunkte gewähren. Es folgt nun die Aufzählung einer Reihe französischer Stuhl-
werke aus dem 14. Jahrhundert von oft ganz bedeutenden Dimensionen, so dasjenige
von Chaise-Dieu mit 144 Sitzen. Am Ende des 14. und am Anfang des 15. Jahr-
hunderts macht sich in Frankreich der vlätnische Einfluss geltend, zu dieser Zeit ent-
stehen die schönsten gothischen Stulilwerke, welche Frankreich heute besitzt. Die
bedeutendsten darunter sind: das aus 116 Sitzen bestehende Stuhlwerk der Kathedrale
von Amiens, dasjenige von Brou und das von Notre-Dame de Bourg, alle drei
im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts ausgeführt.
Der Aufzählung der kirchlichen Arbeiten folgt die Schilderung des bürger-
lichen Mobiliars der Gothik, nach in privaten und öffentlichen Sammlungen vorhan-
denen Beispielen.
ln dem nun folgenden Abschnitte i-Die Mübel im Mittelalter in Deutschland: lässt
Molinier unseren Vorfahren folgendes etwas eingeschränkte Lob zu Theil werden: aDiß
gothische Sculptur in Deutschland ist zwar derjenigen Frankreichs untergeordnet, aber
die deutschen Schnitzer der Gothlk haben auch Meisterwerke hervorgebracht; es wäre
ungerecht, dies zu verkennenn An einer anderen Stelle lobt er die deutschen Schnitzer,
die, nwenigstens wenn sie in hartem Holze arbeiten, mindestens ebenao Schones schaffen.
als die niederländischen oder französischem. Es ist gewiss erfreulich, dass die Franzosen
von heute sich mit dem Studium und der Würdigung deutscher Kunst befassen. Am
eingehendsten wird Jörg Syrlin's Stublwerk im Ulmer Münster besprochen, das er
zwar nicht, wie Didron, dem Besten der franzosischen Gothik gleichstellt, das er
aber immerhin als Meisterwerk bezeichnet. Um so schlechter geht es dem Stublwerk
des Domes zu Erfurt, das wohl Wenige kennen werden. ln bunter Reihe werden nun
niederdeutsclie und Schweizer Stuhlwerke aufgezählt; hiermit schließen die Kirchen-
mobel ab.
Molinier kommt nun zu dem gothischen Hausrath Deutschlands, wobei die
unter vlamischem, und nach seiner Anschauung vielleicht auch französischem Einllusse
entstandenen rheinländischen Möbel seine Anerkennung finden, die süddeutschen,
bayerisch-tyrolischen Möbel aus weichem Holze, in wgrellerii Bemalung, mit aus-
gestochenem Grunde, bezeichnet er aber als geschmacklos: iMarktwaarel, nicht als
Kunstwerke. Ueberhaupt findet er, dass der deutsche Tischler der Gothik weit unter
dem italienischen, französischen und niederländischen stehe. Schließlich bedauert er es,
dass die deutschen Gelehrten die Geschichte des Mobiliars ihres Landes noch nicht ge-
schrieben haben und mit dieser Bedauerniss steht er gewiss nicht allein. Wäre diese
Geschichte geschrieben, dann wurde das Urtheil Molinier's über deutsche Gothik und
deutsche Renaissance gewiss modificirt worden sein.
lm nächsten Abschnitte werden die mittelalterlichen Möbel in Flandern,
Spanien und England geschildert. Unter den spanischen Stuhlwerken finden sich
so ungemein reiche Arbeiten, wie z. B. jene von St. Thomas zu Avila, dass weder
Frankreich noch Deutschland Aehnliches aufzuweisen haben. Vollends aber neben den
Stuhlwerken des Tudorstiles z. B. in Windsor und Westminster in England be-
zeichnet Molinier alle deutschen und französischen Arbeiten als kindlich einfach.
Bei der Besprechung der gothischen und Renaissance-Möbel in Italien verweist
Molinier auf Burckhardfs i-Ciceronec, den er sehr hoch hält, den italienischen lntarsia-
Arbeiten lässt er aber nicht die Hochschätzung zu Theil werden, die wir denselben
entgegenbringen; Benedetto da Majano's Thür in der Sala de' Gigli zu Florenz mit den
Gestalten Dante's und Petrarca's missfällt ihm sogar.
Nach Molinier ist das italienische Mobel der Frührenaissanee vom Maler entworfen
und von Künstlern ausgeführt, welche den lntentionen des Malers sich strenge fügen;
das italienische Möbel des 16. Jahrhunderts dagegen ist ebenfalls vom Maler (.7) ent-
Werfen, aber vom Bildhauer ausgeführt, der meistens nicht einmal den Zweck kannte,
dem das fertige Mobel zu dienen hatte (i).
Dieser Abschnitt enthält auch die Biographien der Künatler- und Schnitzerfamilien
Del Tasso und Barile nach Milanesi, und diejenige des Intarsiators Fra Damiano
da Bergamo nach Marchese.
Das vorletzte Capitel bildet die Schilderung der Renaissance in Frankreich.
Molinier will also keine territoriale Abgrenzung, er gesteht nur die Möglichkeit einer
Ztveitheilung zu. Der eine Theil umfasst die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die