Im Oesterreichischen Museum haben wir z. B. nicht ohne Widerspruch
galvanoplastische Abformungen von Gefässen und Geräthen, auch ver-
goldete Monstranzen aus Bronze in die betreffenden Abtheilungen der
Originalarbeiten eingereiht, weil nur mit Hilfe solcher Ersatzreserven
mehr oder weniger vollständige Entwicklungsreihen hergestellt werden
können, und dementsprechend wurden aus der Schmuckabtheilung die
Arbeiten aus unedlen Metallen mit Halbedelsteinen oder Glasfluss u. dgl.
nicht ausgeschlossen. Das eigentliche Ziel wäre, nebeneinander die Ge-
schichte der Stoifbearbeitung in historischer Folge und die einzelnen
Stilphasen durch Gruppirung von Innenräumen zur Anschauung zu
bringen. Aber der Durchführung steht, selbst wenn die Gegenstände in
genügender Menge vorhanden wären, meistens der Mangel an Räumlich-
keiten entgegen, und es bleibt nur übrig, die gedachte Umgestaltung
allmälig vorzubereiten, wenn nicht, wie jetzt in Kopenhagen, wo das
Rosenborg-Museum als treßliches Muster in der zweiten Richtung dasteht,
bei einem Neubau gleich auf die beiden parallel gehenden Systeme Rück-
sicht genommen werden kann.
Auf Ausstellungen des heutigen Gewerbes haben die componirten
Zimmer, ohne die solche Ausstellungen nicht mehr denkbar sind (schon
die für die Länder des Zollvereins im Jahre 1844 in Berlin veranstaltete
bediente sich dieses Anziehungsmittels) ihre Schattenseite: sie leisten dem
leidigen Gebrauche Vorschub, sich vorn Dccorateur oder Tapezierer vor-
schreiben zu lassen, in welcher Umgebung man wohnen, speisen, schlafen,
rauchen etc. müsse, wenn man auf der Höhe des vGeschmackesu stehen
wolle. Den Geboten stricte nachzukommen, ist freilich nur Wenigen
möglich, denn der sogenannte Geschmack ist jetzt sehr kurzathmig, und
Herren und Damen, denen es mit der Sache voller Ernst ist, laufen stets
Gefahr, durch den Mund eines Verkäufers zu erfahren, dass das, was sie
noch für nletzte Modeu halten, wgar nicht mehr schön ist", weil auf den
Pariser Boulevards eine neue Losung ausgegeben wurde - von wem? Dar-
nach fragt man besser nicht. Die Angewohnheit, sich in Allem nach Paris
zu richten, herrscht zwar, zumal auf deutschem Boden, bereits seit den
Tagen Ludwigs XIV., allein so bedingungslos unterwarf man sich doch
ehedem nicht. Auf dem Gebiet, auf dem der Wechsel am häufigsten und
auffälligsten auftritt, auf dem Gebiete der Kleidertrachten, unterschied
man in Norddeutschland noch über das erste Drittel unseres Jahrhunderts
hinaus zwischen Pariser und Wiener Moden, und bevorzugte vielfach
die letzteren, die durch Witthauer's vZeitschrift für Literatur, Kunst,
Theater und Moden vermittelt wurden. Das Jahr 184.8 brachte den
Männern eine gewisse Freiheit in der Kleidung, und davon ziehen Alle,
die es zu tragen wissen, dass sie sich nunmodernu tragen, noch jetzt
Vortheil für ihre Bequemlichkeit, da die Joppe unter wechselnden
Bezeichungen und der weiche und niedrige Hut sich bisher nicht haben
verdrängen lassen, dank der Unterstützung von militärischer Seite.
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