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wenigstens bedünken - die Umgestaltung der Louis XVL- und Empire-
Formen in Gegenden, wohin eine genauere Kenntniss derselben noch
nicht gedrungen war.
Auch zwei Stühle aus schwarzem Holze (Nr. So) scheinen pro-
vinzialen Charakter aufzuweisen. Die Vorderfüße derselben endigen in
Löwentatzen; die geschweiften und nach rückwärts gebogenen Lehnen,
welche mit Amoretten und Ranken in Holzintarsia verziert sind, werden
von vergoldeten Adlern gestützt, die aus Masse (nicht Bronze oder Holz)
hergestellt sind. Dass man, statt Bronze oder Holz, Pappendeckel und
Masse verwendet, ist, wie man an diesem Beispiele sieht, keine originelle
Erfindung unserer Zeit. Nicht einmal der Ruhm der Priorität bleibt den
modernen Talmi-Erzeugern.
Möbel, die vermuthlich Patricier-Wohnungen entstammen, aber
gleichwohl den Geist der Zeit vollständig wiederspiegeln und sich von
den einfacheren französischen Arbeiten in ihrer Conception nicht unter-
scheiden, sind auf unserer Ausstellung ebenfalls vertreten. Das Doppel-
bett aus schwarz polirtem Holze mit vergoldeten Reliefverzierungen
(Nr. 711), ferner die dazugehörige Ga rnitu r (Nr. 713, Hofrath
J. v. Storck), aus einem Canape, mehreren Stühlen und einem Ta-
bouret bestehend, die einen Bezug aus Straminstickerei aufweisen,
endlich der kreisrunde Tisch (Nr. 712), dessen Platte aus Mahagoni-
holz eine eingelegte Rosenguirlande zeigt und dessen cylinclrischer, in
drei Theile sich spaltender, mit vergoldeten Blättern belegter Fuß in
Delphinköpfe ausläuft, gehören hierher.
Hölzerne Lichtträger in Form von Kandelabern waren auch zur
Zeit des Empire gebräuchlich. Unsere Ausstellung weist deren vier auf.
Der eine davon ist ganz vergoldet (Nr. S69), drei andere sind dunkel-
grün bemalt und mit vergoldeten Ornamenten - theils Holz, theils
Bronze - geziert (Nr. 565, 567 und 57r).
Das englische Möbel, aus dem Beginne des XlX. Jahrhunderts, ist
in unserer Ausstellung nur durch einen Schreibtisch aus Mahagoni
mit mäßigem Bronzebeschlage (Nr. 734) vertreten. Es ist dies ein in-
teressantes Stück im Hinblicke auf seine Einrichtung, nicht aber auch
mit Beziehung auf seine Form. Der viereckige Kasten, auf einem Tisch-
gestelle mit viereckigen, unten verspreizten Füßen, wird durch eine
Klappe verschlossen, die sich aber nicht nach unten, sondern nur nach
oben aufschlagen, dann aber _ bei wagrechter Stellung - mit sammt
den Zapfenbändern, um welche sie sich dreht, in den Kasten hinein-
schieben lässt. Die Schublade des Tischgestelles enthält eine verstellbare
Schreibplatte. Die Lade und ebenso das Innere des Aufsatzes füllen
Lädchen und Fächer, geheime und offene in großer Anzahl; man findet
am ganzen Möbel nicht einen Finger breit verschwendeten Raumes. Das
war schon damals charakteristisch an englischem Mobiliar. Aber damit
nicht genug, ist auch noch unter dem Tische auf. der Kreuzung des