Um der Tiefe ihre Schätze zu entwinden, wurde Joachimsthal ge-
gründet, in der Thalschlucht am Fuße des Sonnenwirbels. Nachdem ver-
einzelte Kräfte an der Ausbeutung gescheitert, griff die gräflich Schlik'sche
Familie zu, damals die ansehnlichste Besitzerin im nordwestlichen Böhmen.
Weder vor noch nach den Schlicks ist der Bergbau im Erzgebirge in
gleicher Weise durch Heranziehung von Vermögen, Arbeitskraft und (Ein-
sicht, durch tüchtige Gesetzgebung und Städtegründungen gehoben worden.
1516 ist das Silberbergwerk von Joachimsthal vmit Gewalt angegangen."
Noch Mitte Juli stand dort nur ein kleines Zechenhaus; im December
wird schon von 4.00 Häusern berichtet. Der Aufschwung war ein über-
raschender, sehr bald auch von Versschmieden in seltsamer Mischung
von Einfalt, Frömmigkeit, Weltlust und socialistischen Gedanken ver-
herrlicht; bei Turnier- und Schützenfesten geht es hoch her. An vielen
Stellen fand man Erz unter dem Rasen und in der Bäume Wurzeln;
etliche Ausbeuten hieb man ohne Grubenlicht, ähnlich wie früher am
Schneeberg in Sachsen, durch dessen Fündigwerden die zweite Blüthe-
zeit des erzgebirgischen Bergbaues begann, oder ähnlich wie in unseren
Tagen in Peru und Bolivia.
Der Sudeteuwinkel wurde so schnell berühmt, wie heute ein Gold-
sucherort Kaliforniens mit verwandten Abenteurergestalten; die junge
Bergschöne eine gefährliche Nebenbuhlerin des alten Kuttenberg, dieser
Perle des Königreiches. Schon nach vier Jahren zählte man iooo Zechen,
400 Schichtmeister, 800 Steiger, 8000 Bergleute, und zwar deutsche;
denn der wenigstens für damals rationelle Bergbau in Böhmen war alle-
zeit von den Deutschen abhängig; die technische Sprache auch der tsche-
chischen Bergleute ist deutscher Herkunft.
Die Ausbeute des Silberbergwerkes betrug in einem halben Jahr-
hundert über vier Millionen Gulden nach damaligem Silberwerthe, der
nahezu dem Zehnfachen des heutigen entspricht. So bewährte Böhmen
von frischem seinen durch Reichthum und Fruchtbarkeit gewonnenen
Ruhm, der schönste Diamant in Oesterreichs Krone zu sein.
Wie sich die immer wachsende Zahl der Häuser in der Schlucht
herablagerten, wurden die erstaunten Fremden an Prag, Erfurt und
Bologna erinnert. Mit dem Glücke kam ein Tross von Widerwärtigkeiten
und Gefahren; Aufstände der Bergleute, das Eingreifen des Königs. Die
Grafen Schlik hatten eigenes Münzrecht und ließen Münzen schlagen,
die schließlich, wie häufig nach der Prägestätte, Joachimsthaler hießen;
im Faust führen sie die ältere Bezeichnung: Löwenthaler. Der abgekürzte
Name v-Thaleru fand seinen Weg nach Deutschland, Dänemark, Nord-
amerika und der Levante.
Empündlicher als Erbstreitigkeiten war der Umstand, dass, nachdem
König Ludwig in den Sümpfen von Mohacs erstickt war, sein Nachfolger
Ferdinand, der erste kräftige Herrscher seit Georg Podiebrad, den Grafen
Schlik, seinen ,Lehnsleuten, ihr Münzregal entzog, wenn auch schonend.