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Es war nicht anders zu erwarten, als dass die zwischen dem Könige und
den Grafen sich entwickelnde Spannung mit dem Siege des Königs enden
würde, dem schließlich auch die Stadt zuf-iel, zumal mit der politischen
und finanziellen Frage die confessionelle sich verschlang. Die Schlicks
und die meist aus Sachsen herübergekommenen Bergleute hatten sich
schnell dem sächsischen Bergmannssohne zugewendet. v
Böhmen musste als eine leichte Beute für den Protestantismus er-
scheinen, war ihm doch in keinem Lande in solcher Tiefe und Weite
vorgearbeitet worden. Die Bevölkerung hatte sich ein volles Jahr-
hundert stets vorwiegend mit religiösen Fragen beschäftigt; hier die
Utraquisten als bohrender Pfahl im Fleische der alten Kirche; dort die
böhmischen Brüder mit ihrem apostolischen Kirchenideale. Freilich war
man dadurch auch mehr auf Prüfung des von außen, zumal von dem
deutschen Erbfeinde Kommenden gestimmt, eingedenk der unendlichen
Opfer, die das Errungene gekostet. Dennoch wurde die neue Bewegung
freudig begrüßt und fand viele Anhänger im ganzen Lande, ja die Mehr-
heit. Vornehmlich im Norden, Nordwesten und Nordosten breitete sich
das Lutherthum aus. Zugleich erwachte überhaupt der ganze Norden
Böhmens zu erhöhter geistiger Thätigkeit. Verloren gegangenes deutsches
Gebiet wurde zurückgewonnen, Bürger und Bauern wurden sich ihres
Werthes bewusst. Das Schulwesen kam empor.
Sogar in des Königs nächster Umgebung, ja Familie fand die Reform
Pflege und Schutz. Ferdinand selbst, der Schöpfer unserer Monarchie,
streng katholisch, vermochte der religiösen Umwälzung lange keinen
Abbruch zu thun, gehindert theils durch die Wahlcapitulation, theils
durch den beständigen Kampf mit den Türken. Die religiöse Zerklüftung
wurde noch gesteigert durch das Eindringen von Calvinisten und der
bis in die neueste Zeit hinein verkannten und missverstandenen soge-
nannten i-Wiedertäuferu.
Joachimsthal spiegelt im Kleinen die Bewegung im Lande wieder;
als sein eigentlicher Organisator und Reformator ist Mathesius anzusehen,
der freilich zunächst an die Spitze der dortigen Lateinschule trat. Eine
solche hatte man sofort in Angriff genommen. Reform der Kirche und
der Schule, Reformation und Humanismus reichten sich hier wieder
die Hand.
Äuch der Humanismus war für das Königreich kein Fremdling; ja
in Böhmen hat er zuerst unter den deutschen Staaten eine Stätte ge-
funden. Karl lV., der gebildetste Fürst seines Jahrhunderts, der Zeit-
genosse Petrarkrfs, konnte der Renaissance nicht fern bleiben, zumal sie
sich in ihm nahetretenden Persönlichkeiten verkörperte. So erschien der
gestürzte Tribun Cola di Rienzi in Prag, dessen feurige Beredsamkeit von
den deutschen und böhmischen Magistern angestaunt, dessen brieflicher
Bombast als Kunstwerk und Muster aufbewahrt wurde. Karl's Kanzler,
der Bischof von Olrnütz, sah mit kritiltloser Bewunderung zu Petrarka