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Lieblich ist es, sagt er, in einem venedischen Glas ein schön Kruzifix
mit einem Demant gerissen anzuschauen, und, wenn der Herr Jesus mit
Ultramarin an ein Glas geschmelzt oder mit Farbe darein gebrannt ist.
Die schönste Stufe, die er je erblickt, war ein Glaserz, darin man die
Auferstehung Christi mit seinem Grabe und den Wächtern künstlich ge-
schnitten hatte; da gab es das Gewächs, dass der Leib des Herrn in
weiß Silber kam, Wächter und Grab waren schwarz wie Blei.
Zur Hochzeit hatte ihm der Goldschmied einen Ring geschenkt, auf
dem Adam und Eva geätzt waren, sammt der Schlange, die sich um
ihre Häupter und den Baum windet, auf ihrem Kopfe ein Rubin und
Smaragd.
uWir sollen unsu _ mahnt er einmal -- nauch aus schönen Gemälden
trösten; ist doch Keiner zu irgend einer Zeit ein großer Künstler gewesen
ohne besondere Anhauchung, das die Poeten einen himmlischen Geist
nennen." Allgemeine Hindeutungen wechseln mit bestimmteren Angaben;
Albrecht Dürer wird besonders herausgehoben: Wer einen lieben Gast
erfreuen will, setze ihm ein gut frisch Weinlein vor, zeige ihm einen
schönen Handstein, ein gut neu Buch, Dürer's und Kranach's Gemälde!
In Bezug auf Mathesius' Urtheil über bildende Kunst kann man
gegenüber dem Bahnbrecher der Zeit einen Fortschritt bemerken. Bei
Luther Findet man nicht Aussprüche über die Schönheit oder HäBlich-
keit eines Bildwerkes an sich, nichts über Herstellung. künstlerischen
Eindruck, Form, Farben und sonstiges Wesen der Darstellung; Mathesius
urtheilt und kritisirt, hebt die Schönheiten hervor, die Geschicklichkeit
des Künstlers; freilich kommt dann auch ihm sehr bald der Neben-
gedanke der ethischen, erbaulichen Nutzanwendung.
Die Galerie seiner eigenen Porträts, von denen auch unsere Alber-
tina zwei und die kaiserliche Familien-FideicommiB-Bibliothek i3 auf-
bewahrt, trägt zum Theile diesem Sinn für Kunst Rechnung und bietet
weiter durch die überraschend verschiedene Auffassung einen kleinen Bei-
trag wzur Geschichte des Porträtsu.
' Nur einen geringen Ausschnitt aus dem inhaltvollen Leben, dem
Wirken und den Werken eines lange vergessenen oder doch im Halb-
dunkel stehenden Mannes, nur einen einzigen Punkt aus dem ungeheueren
Gebiete der Cultur- und Kunstgeschichte konnte diese flüchtige Stunde
zeigen.
Aber sie hat erinnert an den bedeutendsten Namen der sich seiner
gerade jetzt wieder lebhaft und dankbar erinnernden deutsch-böhmischen
Litteratur, erinnert an eine einst an der Grenze der Monarchie üppig
blühende Industrie und ein nicht verächtliches Kunstgewerbe, erinnert an
den litlerarischen, religiös-reformatorischen Niederschlag dieses Reichthums
bei einem der hervorragendsten Epigonen jener gewaltigen Zeit.