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der künstlerischen Arbeitsgenossen am Universitätsbau, und trägt unten
die lnschrift: vilhrem unvergesslichen Meister Heinrich Freiherrn v. Ferstelu.
ln der nachbarlichen Votivkirche, innen am Kanzelfuße, finden wir
Ferstel's Bildniss aus früherer Zeit, nach dem Brauche der Werkmeister
der gothischen Bauhiitte an solch' bescheidener Stelle angebracht. Dieses
Antlitz - mit einer gewissen Steinfrische aus dem Material des eigenen
Baues gemeißelt - blickt zwischen den Pfeilern der Kirchenhalle mit
ruhiger Zuversicht heraus, mit jenem klaren Künstlerhlick, dem durch
die Farbenblenden der gemalten gothischen Fensterscheiben keineswegs die
Ausschau in ein weltlich-freies Weiterschatfcn gehemmt ist. Das andere
Gesicht in dem Denkmal der Universität ist ernst und fast müde, es ist
durchgearbeitet und scharf wie das Erz, aus dem es geformt ist. In den
nervös gespannten Zügen finden wir die Gedankenarbeit eingegraben,
die über ein großes, abschließendes Werk sich niedersenkt. Für den
Meister sollte es eben der Universitätsbau sein. Dieser Büste zunächst
stellt sich jene in der Haupttreppe des Oesterr. Museums; ebenfalls sehr
charakteristisch, aber um einen Grad mehr marmormild im Ausdruck,
wie es uns so vorkommen mag. Alle drei plastischen Portraits sind von
Tilgner; dieser Bildner, der sich auf durchgeistigte Köpfe verstand, hat
unserem Meister dreimal in entscheidenden Momenten in's Auge geschaut.
Doch welchen Process der künstlerischen Entwicklung hat derselbe in-
zwischen durchgemacht! Der Blick des aufstrebenden jungen Künstlers
erhob sich an dem Strebestil der gothischen Spitzbogen, Wimberge und
Fialen; die Anschauung des gereiften Mannes beruhigte sich in den ge-
haltenen Formen und Raumverhältnissen der Renaissance. Lange seither,
ehe die Votivkirche ausgebaut wurde, hatte er bereits diesen Weg be-
treten. Aber leicht wurde ihm das Renaissanceproblem nicht, oder besser
gesagt: er machte sich's nicht leicht, indem er es von Bau zu Bau unter
fortschreitend schwierigeren Bedingungen anfasste. Er rang mit der Auf-
gabe, und dieses Ringen that dem harmonisch angelegten Künstler
auch weh; dennoch ersparte er sich bei der Gründlichkeit, die ihm nicht
minder tief saß, den Kampf mit keiner Schwierigkeit; er ging keiner
Frage aus dem Wege, so lang sie ihm selbst als Frage erschien, und
war unermüdet im Neuanlegen, Berichtigen, Umcomponiren, bis er das
Richtige, Sachgemäße, zugleich seine künstlerische Empfindung voll Be-
friedigende gefunden zu haben glaubte.
Die Züge der zwei weiteren Büsten, ich wiederhole es, geben
Zeugniss von dem, was in seinem künstlerischen Gemüth und Charakter
verging, von all" seinen Bauzweifeln und Bauerrungenschaften. Unter den
Künstlerköpfen hat der Architekt höheren Ranges seine eigene Physio-
gnomie, ja seinen eigenen Blick; dies gilt vor Allem auch von dem
Kopf FersteVs, in dessen Betrachtung wir uns gerade heute, seinem Wesen
nachforschend, versinken möchten. Es ist eine verantwortliche Aufgabe,
eine künstlerische Gewissenssache, heutzutage vollgiltig zu bauen, so