Die Beitrage in dieeer Nummer, mit der wir unrer zehnjährige: Eintreten für die Belange der Knnrt in Öeterreirh begehen, wellen alle auf die Frage antworten: „l
e: mit der Kumt Jeit dem jahre 1955, mit dem Öeterreieh reine Freiheit und Unabhängigkeit wiedergewonnen hat?" Diue Standortbeetimmungen für die Gebiete d
und angewandten Kunst wurden nahezu alle von Fachleuten und Kritikern der jüngeren Generatian verfaßt. Wenn diexe rieh mitunter palemieeh äußern, m.
darin allein ihr Intererxe an und ihr Engagement für die Belange der Kunet. Daß „Kampf und Aureinandertetgung" um die Kunxl in unserem Lande üherha
mbglirh rind, laßr unr für die Zukunft, die van dieeer Generalinu benimmt werden wird, daeh wieder hnfen. Die R
Werner Hofmann
Randbemerkungen zu einer Rand-
Situation
Jahrestage. zu Rückblicken mißbraucht, dienen der Verbreitung von Selbstzufriedenheit. "They in
Ego", würden die Amerikaner das nennen. Wie sich das hierzulande anhört, ist den verschiedenen Beitrü
Katalog der Ausstellung ..Wiener Malerei seit 1945 - Graphik aus Wien" zu entnehmen, die von t
wochendirektion im Künstlerhaus veranstaltet wurde. Der Präsident der Wiener Festwochen schreit
,.Ohne die Hilfe, die von der .öffentlichen Hand' anfangs dem bildenden Künstler geboten wurde, WÜl
der Werke. die in den zwanzig Jahren seither geschaFfen wurden, niemals entstanden."
Man möchte wünschen. es wären weniger entstanden und die öffentliche Hand hätte sich nicht allzu c
falsche Großzügigkeit zum Verbündeten der Mittelmößigen gemacht. Man überblicke den künstl
Schmuck staatlicher und kommunaler Gebäude. der das Auge beleidigt, und man wird Hofrat Mai
widersprechen können: .,Ohne die Hilfe, die von der .öffentlichen Hand' anfangs dem bildenden
geboten wurde. wären viele der Werke, die in den zwanzig Jahren seither geschaffen wurden, nier
standen."
Der nüchsle Satz lautet: "Üßnk einer unbeugsamen Kraft also. die den Künstlern innewohnt. und d
Hilfe und dem Verständnis. die da und dart (!) ihrem Bemühen entgegengebracht wurden. vermochte
bildende Kunst in Wien zu größerer Bedeutung zu entwickeln." Gewiß. unbeugsam ist die Kraft un
unerschöpflich die Geduld derer. die zwischen dem Minoritenplatz und dem Friedrich Schmidt-Platz
her pendeln. um sich - ..da und dort" - durch geschickte Nutzung aller sich bietenden Chancen Cll
Erinnerung zu bringen und so ..zu größerer Bedeutung zu entwickeln".
.,Und so hat heute immerhin mancher Name so mancher Künstler nicht nur im Inland. sondern auch im
seinen guten Ruf." Was soll man sich darunter vorstellen? Es gehört. wie mir scheint. eine kräftige II
notorischen Bescheidenheit des Österreichers dazu. um sich in Sachen der Gegenwartskunst der lllUSlK
nationaler Wertschätzung hinzugeben. ..Aut' internationalen Ausstellungen". so wird uns versichert, ..l
Wiener Künstler Erfolge." Welcher Art sind diese Erfolge. wie tief reichen sie? Sind diese Künstler im
jenen identisch, die sich der Schätzung des lnlandes erfreuen dürfen? Wie viele unserer Staatspreistrü
jenseits der österreichischen Grenzen bekannt oder dort je hervorgetreten? Und trügt der individuell
im internationalen Bereich zur Konturierung des Gesamtbildes der österreichischen Kunst bei? Ulricl
gartner glaubt. daß ein solches "image" irn Ausland bereits existiert und geschätzt wird. Er sagt: „Ä
allgemeine Aufwertung. die die bildende Kunst in der Welt. zum Teil aus außerkünstlerischen Gründemi
hat. findet eine ausgesprochen österreichische Kunst heute Anerkennung." Dem österreichischen Künst
bescheinigt. er überzeuge immer dann. wenn er unerwartet an den ..SCl'tTllllpUl'1l(lEh zwischen Kt
Gesellschaft" auftaucht.
Ich versuche, einen solchen Schnittpunkt festzustellen. Ich kann ihn nicht entdecken, denn ich verm
Partner, ohne den es keine Schnittpunktsiluation geben kann: die Gesellschaft, die spontan und ohne
mundung reagiert.
Jede Initiative, die Kunst provozieren könnte. ist veramtet: sie wird vom bürokratischen Schematisi
Kammern und Bünde. der Macht- und Prestigegruppen leisetreterisch wahrgenommen. Diese Vollzug
haben sich der freien. unmittelbaren gesellschaftlichen Meinungsbildung substituiert. Der einzige Schn
den der Künstler antrifft, verkörpert sich im Kunstbeamten. Dieser ist weisungs-. oft auch ideologiege
Das Ergebnis ist. daß der Künstler. zum dozilen Auftragsempfünger mit Aussicht auf Atelierzuweisung c
die Wohltaten der Kunstförderung ebenso selbstverständlich in Anspruch nimmt wie die des Wahnur
und der Sozialversicherung. Die Apparate greifen ineinander. man wird fortwährend "betreut". Da
die sich und ihre Umgebung mit ..Materialaktionen" verwüsten. den Gnanziellen Händedruck der "öffe
Hand" beanspruchen, zeigt deutlich. daß der Schnittpunkt von Kunst und Gesellschaft nicht in der
forderung dieser durch jene. sondern dort zu suchen ist, wo sich die Mißvergnügten der zornigen Pose l
und mit masochistischem Eifer die Futterkrippen umdrängen.
Was die Kunstförderung tatsächlich fördert. ist die Verbildung des Charakters zu rezeptiver Biegsam
den Merkmalen der Wiener Kunst zählt nach Baumgartner das Abschleifen der konstruierten Ecken.
das formale Äquivalent der Umgünglichkeit und Konzilianz. die dem Auftragsempfdnger Tür L
öffnet.
Nochmals: Kunst und Gesellschaft 7 in dieser Koppelung vermutet man. wenn man Autor und Anlaß l
eine weltanschauliche Proklamation. Wer sich dieser Erwartung hingibt, verlangt im Hinblick auf Ö:
das Unmögliche. Warum sollte es in der Kunst anders. nämlich eindeutiger zugehen als in den anderen Be
des öffentlichen Lebens? Warum sollte es gerade hier klare Fronten und präzise Parteinahmen geber
der beiden Regierungsparteien hat sich mit der ..modernen Kunst" oder einer ihrer Richtungen ider
keine hat sich - was niemandem zu verübeln wäre - aus weltanschaulichen Gründen von ihr dis
beide haben mit ihr ihren Frieden gemacht und wetteifern. nicht selten wahl- und konzeptlos. in ..l
aktionen". (Wobei man insgeheim. auch darin eines Sinnes. den Ambrosi dem Wotruba verzieht.)
Wer zu allem sein Plozet gibt. zeigt damit nur. daß ihm letztlich alles gleich gültig. also gleichgültig l
Untersucht man diese amtliche Billigung der ..modernen Kunst". so entdeckt man an ihr verschiedei
stärken und Überzeugungsgrade. Das Plazet füllt dort am leichtesten. wo Kunstwerke mit erkennbar:
inhalten zur Diskussion stehen. Am liebsten verantwortet man Ankäufe und Aufträge, wenn es sich um
handelt. die sich durch fleißige Pinselakribie empfehlen. Die sogenannte Wiener Schule des phantt
Realismus ist darum zur vorbehaltlasen Förderung durch die öFlentliche Hand geradezu prädestiniert.
Von der umstündlich-ausführlichen Feinmalerei fasziniert. befindet sich die sogenannte "Linke" unsere:
in Gesellschaft der Relikte eines gegenwartstremden Bürgertums. das geistig im dumpfesten Biederm:
und den Revolutionär Waldmüller mißversteht. indem es sich an seinem lllusionismus begeistert und
Maßstäbe für die Kunst unserer zweiten Jahrhunderlhülfte entnimmt.
Der Publikumserfolg, den die Wiener Schule überall dort errungen hat. wo man noch nicht einmal Kl
Schiele. Gerstl und Kokoschka begriffen hat. mag zur Verharmlosung und ldyllisierung ihrer Werk:
tragen haben. Dennoch: hier einen ..Zusummenklang von Kunst und Gesellschaft" postulieren. hin
Künstlern die unverdiente Geistesverwandtschaft mit ihren Bewunderern aufzwingen.