Hierbei zeigt sich jedoch der merkwürdige Umstand, dass gewisse
Gattungen von Kunstgegenständen, z. B. manche Malereien, eine solche
zarte Rücksicht selten genießen. Ein Liebhaber, der eine verrostete
Radschlosspistole mit größter Schonung behandelt, putzt irgend ein Ge-
mälde ohne Bedenken. Ungezählte Bilder sind schon durch Scheuern
und Waschen zu Grunde gegangen, nicht nur Oelgemälde, denen eine
Unverwlistlichkeit ohne Gleichen zugemuthet wird, sondern auch die
zartesten Miniaturmalereien, mit Wasserfarben auf dünnen Elfenbein-
plättchen hergestellt, die, ihrer schützenden Glasdecke beraubt, ohne-
weiters wenigstens mit einem Lappen abgerieben werden. Es ist be-
greiHich, dass der Sammlung eines Kunstfreundes der eben angedeuteten
Art ein gewisses, auf den ersten Blick erkennbares Gepräge anhaftet.
Nun gibt es aber verschiedene Arten von Sammlern; zum Glück
auch Amateure, die erst, nachdem sie schon mit tüchtigen Kenntnissen
und Erfahrungen ausgerüstet sind, daran gehen, eine Sammlung anzu-
legen. Klug in ihrem Vorgehen, lassen sie sich von dem Eindruck: des
Augenblickes nicht leicht hinreißen, vermehren ihre Bestände möglichst
systematisch, suchen deutlich bestimmbare Entwickelungsreihen irgend
einer oder der" anderen Werkweise möglichst vollständig zu repräsentiren
und scheuen es nicht, zu diesem Ende auch Stücke zu erwerben, die
sich nicht mehr völlig unversehrt vorfinden, wenn anders die Beschädigung
nur nichts von den charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Gegenstände
zerstört hat. Sie verschmähen es auch keineswegs, zur Vervollständigung
des Gesammtbildes einer solchen Entwickelungsreihe, gute Copien von
Kunstwerken aller Art, Abbildungen, Stiche, Zeichnungen u. dgl. heran-
zuziehen. Solche Sammler sind auch nicht nur die Ordner und Bewahrer
ihres künstlerischen Besitzstandes, sondern auch dessen Pfleger. In der
Ueberzeugung, dass auch alles Menschenwerk über kurz oder lang, sei
es durch inneren Zerfall, sei es durch äußere Unbilden, seinem Unter-
gange entgegengeht, und dass dieser Untergang um so rascher sich voll-
zieht, je weniger sein Anfang beachtet und seine Bekämpfung möglichst
bald eingeleitet wird, suchen sie ihm durch gewissenhaftes Ausbessern
gefahrdrohender Schäden entgegenzuwirken. Durch zweckentsprechende
Ar! der Aufbewahrung, durch schonendes Entfernen und eifriges Hintan-
halten jeder Beschmutzung erhalten ihre Sammlungsgegenstände weiters
den Vorzug, sich dauernd in jenem Aussehen zu präsentiren, was von
Anfang an in der Intention ihrer Schöpfer gelegen war. Denn Niemand
möge sich einbilden, dass die Künstler der Vorzeit auf das Alter ihrer
Schöpfungen speculirten. Wenn das Aussehen mancher Gegenstände durch
das Alter gleichwohl gewinnt, so ist dieser Umstand nichts weniger als
beabsichtigt.
Gehören nun die Sammler was immer für einer Fraction an, sind
sie nun bloße Liebhaber oder gehören sie einem Berufe an, der sacha
verständiges Urtheil 'über Kunsterzeugnisse zur Bedingung macht, so