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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 12)

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Besuch das Konsums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat 
November von gote, die Bibliothek von 2031., die Vorlesungen von 900 Per- 
sonen besucht. 
Vorlesungen. Am 12., t9. und a6. November sprach Prof Franz Wickhoff 
über das Wesen der modernen Malerei. Er begann die erste Vorlesung mit der An- 
führung des Vorwurfes, den man der modernen Malerei so gerne macht, dass sie nicht 
jenes einheitliche Gepräge trüge, das alteren Perioden der Kunst ihren großen Zug 
verleihe. Diesen Vorwurf, suchte er zu widerlegen. Er wies auf den Hauptinhalt der 
geistigen Bewegung dieses Jahrhunderts hin, den er in der wissenschaftlichen Analyse 
findet, und zwar auf allen Gebieten der Forschung, sei es in den Naturwissenschaften, 
sei es in Geschichte. Als zweites Ideal des I9. Jahrhunderts gesellt sich dazu das syn- 
thetische Zusammenfassen der gefundenen Resultate der Wissenschaft zu kühnen tech- 
nischen ErEndungen. Er zeigte, wie sich die moderne Kunst im Einklange mit diesen 
Tendenzen des Jahrhunderts entwickelt; wie sie, zuerst unter dem Einßusse Wincltelw 
mann's, sich von den Kennern der griechischen Kunst Stoffe und Formen vorschreiben 
ließ; wie sie durch die Fortentwicklung der kunsthistorischen Studien dann zur Nach- 
bildung von Renaissance-Compositionen angeregt wurde und sich im Nachempfinden 
verlor; wie dann an Stelle der Nachahmungen alterer Kuustperinden, die bei den Classi- 
cisten und Romanlikern herrschte, der Versuch gemacht wurde, mit der Geschichts- 
forschung zu wetteifern und den erhaltenen Trödel alter Zeiten zu realistischer Nachbildung 
historischer Scenen zu verwenden. Dieses genaue Studium der in den Museen erhaltenen 
Ueberreste und ihre richtige Verwerthung ware nicht moglich gewesemwenn nicht ein 
großer Umschwung in der Zeichenkunst stattgehabt hatte, eine Schulung des Auges und 
der Hand für Auffassung und Wiedergabe des Details, die wieder durch den Aufschwung 
der Wissenschaft und der Technik hervorgerufen war. Aus der historischen Malerei 
und mit ihr entwickelte sich die ethnngraphische Malerei, und es ist nicht zu wundern, 
dass die wissenschaftliche Tendenz sich endlich auf die Technik der Malerei selbst er- 
streckte, dass man die Formenwiedergabe selbst zu einem Gegenstande der Untersuchung 
machte, dass man wie bisher zeichnerisch nun auch malerisch zu einer wirklichen Natur- 
nachbildung gelangte, eingeleitet durch die Versuche der Plein- risten. Das Bestreben, 
genaue Abbildungen der Dinge zu haben, hatte zugleich zu immer größerer Vervoll- 
kommnung der mechanischen Naturnachbildung geführt, und die immer wachsende Bil- 
dungskraft der Photographie zu einer endlichen Abtrennung der Malerei von einer bloßen 
Nachbildung dessen, was auch der Apparat zu bieten im Stande ist, zur directen Wieder- 
gabe der Stimmung in einer Weise, wie sie in früheren Jahrhunderten noch nicht hatte 
ertraumt werden können, weil in ihnen die Analyse noch in ihren Anfangen war. DerVor- 
tragende wies dann darauf hin, wie diese Entwicklung schon mit dem Ende des vorigen 
Jahrhunderts von den englischen Malern geahnt, vorbereitet und endlich glänzend durch- 
geführt wurde, und schloss damit, dass die ersten Maler unserer Zeit an innerer Be- 
deutung den größten Namen der Kunstgeschichte würdig zur Seite stehen. 
ln einem zweiten Vortrage sprach Prof. Wickholf von dem Geschenke, das uns 
die modernen Maler machten, indem sie einen Bann, der bisher auf der Natur gelastet, 
losten, und uns lehrten, dass jeder Ort im Hause oder draußen, dass jede Minute uns 
eine Fülle malerischer Stimmungsbilder zeige und dass wir überall und zu jeder Zeit 
uns aus dem Getriebe des hastenden Lebens durch die Beobachtung der Lichtwerthe in 
die Vorhalle der Kunst flüchten können. 
ln einem dritten Vortrage machte er den Versuch, das Bild einer nationalen 
Erziehung zu entwerfen, die auf die Zeichenkunst und das Naturstudium basirt und zur 
Art einer Lebensgestaltung hinaufführen könnte, als deren unerreichtes, vielfach unver- 
standencs Muster das Leben Goethe's vor uns steht. 
 
Litteratur- Bericht. 
Die Baukunst Frankreichs. Von Cornelius Gurlitt. Dresden, Gilbers'sche 
Verlagsbuchhandlung. 1. Lfg. Fol. o. J. (1896). M. 25. 
Keine Ar: der Reproduction gibt eine so unmittelbare Vorstellung sowohl von 
ganzen Architekturen wie von baulichen und ornamentalen Details, wie der photogra- 
phische Liehtdruck. Dieser Umstand allein wurde es nicht überßüssig erscheinen lassen, 
Neuaulnahmen von Bauten zu veranstalten, die bereits in zahlreichen Abbildungen ver- 
schiedenster Art, zum Theil in wahrhaft monumental angelegten Werken, vorhanden 
sind; überdies rechtfertigt aber auch die billige Herstellungsweise derartige Publicatinnen
	        
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