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Und was von Pichler, das gilt fast in gleichem Grade von seinen
beiden Zeitgenosssen Wrenk und Kininge r. Um sich von des Ersteren
(1- 1830) technischer Meisterschaft zu überzeugen, braucht man nur das
Bildniss von Fügefs Vater mit der wunderbaren Beleuchtung des
Visionär aufwärts gerichteten Antlitzes (214) anzusehen. Wrenlüs Mit-
schüler, Vincenz Georg Kininger, kam mit 11 Jahren aus Regensburg
nach Wien, mit 14 Jahren an die Akademie und wurde, schon Ende
1782 als einer der besten Schüler für Schabkunst eines Stipendiums
werth bezeichnet, ein besonderer Schützling des Directors Füger, der
ihm reichliche Bestellungen auf Porträts verschaffte. Selbständig ge-
worden, begann er seit 1801 für das Wiener Industrie-Comptoir mehrere
große Blätter nach Füger zu schaben, von denen "Der Tod der Virginiau
[von 1804) mit Recht unter die vollkommensten Erzeugnisse der Schab-
kunst gehört. Seit Pichler's Tode delinitiver Professor, hat er nach Auf-
lösung des Industrie-Comptoirs sich wieder mehr auf das Porträt be-
schränkt, aber Geschick und Kraft bis in's hohe Alter bewahrt, wie
seine TransHguration nach Raphael vom Jahre 1836 und das wunder-
bare Blld des Staatskanzlers Metternich vom Jahre 1836 beweisen.
Mit Kininger verschied im Jahre 1851 der letzte große Wiener
Schabkünstler. Was neben ihm von Anderen, wie: Rhein, Clerck und
A. Geiger, geleistet wird, reicht selten an ihn heran oder ist, wie die
schöne Mohrin von Agricola (236), ein nicht weiter verfolgter Yersuch.
Mit dieser Technik ging es nunmehr bei uns wie in England aus einem
rein materiellen Grunde abwärts; es ist die unglückselige Periode der
Liebhaberei für den Stahlstich, was auf die Leistungen der Folgezeit
abträglich wirkte. Da wurden die Abdrücke von den Stahlplatten ent-
weder auch kalt und hart wie Stahl, was das sonst trelTliche Porträt des
Feldmarschalls Radetzky von Stöber (241) zur Genüge beweist, oder
wenn der Künstler wieder zu energisch den Stahl bearbeitete, dann
kamen große dunkle Flächen heraus. Solches geschah dem letzten
Wiener Schabkünstler, dem 1871 verstorbenen Christian Mayer, mit
seinen vier Welttheilen nach Rubens (243); das ist eine Riesenarbeit,
aber von Wiedergabe Rubens'scher Farbenwirkung und Mache ist darin
keine Spur.
lst aber deshalb die Schabkunst für alle Zeit erstorben und abge-
than? Gewiss nicht; es wurde schon früher auf die neuesten englischen
Blätter dieser Art von Hirst und Tomkins hingewiesen, denen sich noch
miniaturartig kleine Porträtchen anschließen ließen. und bezüglich des
Continents ist auf die vielversprechenden Leistungen von Franz Börner
in Berlin aufmerksam zu machen. Technisch so geschickt und verständ-
nissvoll gearbeitete Blätter, wie sein unter Nr. 164. ausgestelltes Bismarck-
Porträt nach Lenbach, sehen aus, als ob sie mit dem Pinsel auf_die
Kupferplatte wären gemacht worden, und hierin liegt vielleicht die Zu-