Der Verfasser arbeitete seine Geschichte der beiden Fischer größtentheils aus
dem Rohen heraus, und weil er hiebei mit der unvermeidlichen Pedanteric des strengen
Historikers vorgegangen ist, so bleibt uns auch nicht der geringste Beweis erspart für
seine Aufstellungen im Einzelnen, nicht die geringste Polemik, mit der er die lrrthümer.
der bisherigen Litteratur auszurotten beniüßigt war. Es ist nur ein leidiger Ausfluss
menschlicher Unvollkommenheit, wenn, wie überall, so auch in diesem Buche jeder
Vorzug zugleich nach anderer Seite einen kleinen Nachtheil in sich birgt. Da llg mit
vollen Händen gibt und seine Gaben keinem Zweifel überlassen will, musste nothwen-
digermaBen die Uebersichtlichkeit der Darstellung darunter leiden. Mancher wird such
die Belehrung durch begleitende lllustrationen vermissen, aber 31g Seiten zlhlt schon
dieser erste Band, und wohin ware es gekommen, wenn nur jedes in Frage kommende
Bauwerk, geschweige denn jedes interessante oder strittige Detail zur Abbildung gelangt
wlrel - Der streng historische Charakter von llg'a Forschung brachte es ferner mit
sich, dass die Darstellung sich unbeugsam an die chronologische Abfolge gehalten hat.
Dieser vom Standpunkte der Methodik gewiss höchst achltzenswertlie Vorzug musste
unvermeidlich den Nachtheil nach sich ziehen, dass sich die kunstkritischen Erörte-
rungen auf verschiedene Stellen des Buches vertheilen, wodurch es dem Leser erschwert
wird, ein einheitliches Bild von der Kunstweise Fischer's und vom Wiener Barock über-
haupt zu erhalten. Wie, wenn llg sich entschlösse, nach Beendigung des ganzen Werkes
ein compendioses, mit Illustrationen versehenes Buch über die Fischer herauszugeben,
das blos die nackten Ergebnisse seiner Forschungen enthielte? Man verstehe uns nur
recht: wir - die Zunftgenossen möchte ich sagen - sind zufrieden mit dem Gebo-
tenen und begehren natürlich nichts Anderes; aber einer überaus großen Menge von
kunstbegeisterten Oesterreichern würde llg durch eine solche rVolksausgabes gewiss zu
Danke handeln.
Bei dem Umfange des von llg behandelten Gegenstandes und der relativen Neuheit
der Materie überhaupt, erscheint es ganz selbstverstlndlich, dass man über Vieles, was
der Verfasser vorbringt, verschiedener Ansicht sein kann. So wollen wir, nur um der
Recensentenpßieht zu genügen, beispielshalber erwähnen, dass uns die Beurtheilung
BorrominVs nach der Klosterfaasade von San Filippo Neri zu einseitig erscheint, weil
gerade in dieser Fassade der Künstler in mehr als einer Hinsicht durch die Rücksicht-
nahme auf die danebenstehende altere Fassade der Chiesa Nuova gebunden war; dass
wir in dem Verfasser des nEntwurfs einer historischen Architektur. nicht so sehr den
Vorlaufer Winckeltnann's, als den Entwerfer der indianischen Cabinete u. dgl. für den
exotischen Modegeschmack der großen Herren damaliger Zeit erblicken mochten; dass
uns auch das Vorkommen gothiscber Bauversuche zu Fischer's Zeit nicht als Vorbote
der spateren historischen Strömung, sondern als unmittelbares Nachleben der deutsch-
rnittelalterlichen Gotbik erscheint u. s. w. Das Maßgebend: bleibt immer, dass der Ver-
fasser seine Anschauungen mit einer klaren und niemals schwankenden, weil durch jahr-
zehntelange Forschung gefestigten Ueberzeugung zum Vortrag bringt, wodurch einer-
seits den minder selbstlndigen Lesern, die ja immer die Mehrzahl ausmachen, eine sichere
Anlehnung ermöglicht, den Fachkundigen ein fester Anhaltspunkt für die Anknüpfung
eigener Wahrnehmungen, unter allen Umständen aber fruchtbare Anregung geboten wird.
-- Alles in Allem genommen wird man sagen dürfen, dass das Buch in der kunsthisto-
riechen Litteratur überhaupt einen hohen Rang, in der Geschichtschreibung der oster-
reichischen Kunst aber einen bevorzugten Ehrenplatz behaupten wird. Rgl.
Kunstarcbäologische Aufnahmen aus Mähren. Von Alois Franz. Brlinn,
R. Knauthe, 1894. Fol. ioo zinkograph. Taf. ohne Text. H. 4'8o.
Eine im Ganzen dankenswerthe Publication, der k. k. Centralcommission für
Erhaltung der Kunstdenkmale gewidmet. Der Herausgeber hat dabei nur eigene, recht
sorgfaltige Zeichnungen nach Kunstwerken des genannten Kronlandes publicirt. welche
er auf Reisen im Laufe der Jahre zahlreich aufgenommen. Es sind Aufnahmen im
Geiste des Architekten, von sauberer Durchführung. Stellt sich das Ganze nach der
Art seiner Entstehung auch etwas zufallig und ohne sllen Plan geworden dar, gibt es
auch nur fragmentarisch ein blos theilweises Bild von dem Kunstscbafen in Mlhren
von der romanischen Periode bis in die neueste Zeit, so hat das Werkchen doch
manche Verdienste deshalb, weil es abermals ersehen lasst, welcher noch immer unge-
hoben: Reichthum in dem Lande steckt, unerforscht steckt, an dem, wie fast in allen
österreichischen Gebieten, die wissenschaftliche Forschung bisher noch so gleichgiltig
vorubergegangen ist. Zwar ist für Mahren durch bildliche Illustration schon Manches
geschehen, die Mittheilungen des Brünner Gewerbe-Museums, das Werk über die dorti e
kirchliche Ausstellung, jenes über die Burgen und Schlösser des Landes anllsslich des