Litteratur - Bericht.
Handbuch der Spitzenkunde. Von Tina Franberger. (Seemands Kunst-
handbllcher XI.) Mit x83 Illustrat. Leipzig, E. A. Seemann, i8g4.
272 S. M. 4:80.
Was man in erster Linie von einem solchen Handbuch verlangt: zu erfahren, wie
Spitzen hergestellt werden - das wird man in der That in diesem Buche knapp und
fasslich dargestellt finden. Und das ist schon nichts Geringes. Hinsichtlich der Kloppelei
war es zwar schon früher nicht allzu schwer, sich aus Büchern wenigstens im Allge-
meinen über den technischen Vorgang zu informiren; hinsichtlich der Nahspitze ver-
fügten wir aber blos über das französische Buch der Mrne. Despierres, das sich überdies
wesentlich auf das französische Spitzengebiet beschrinkte. Als sehr verdienstlich mochten
wir es ferner der Verfasserin anschreiben, dass sie auch der Maschinspitze ein kurzes
Capitel gewidmet hat; sie verdient dies nicht blos wegen der Bedeutung, die sie im
Haushalte der großen minderbemittelten Volksmasse gewonnen hat, sondern auch wegen
der relativen Tüchtigkeit ihrer modernen Erzeugnisse. Diesen Vorzügen gegenüber fallt
es weniger in's Gewicht, wenn der historische Theil nicht im gleichen Maße befriedigend
ausgefallen ist. Zum großen Theile wird man dies billigerweise dem mangelhaften Stande
der Forschung, namentlich über die früheren Stadien der Spitzengeschichte, zuzuschreiben
geneigt sein. Die vorhandene Litteratur erscheint in gebührendem Ausmaße benützt,
wenn es auch aus den Citaten nicht in genügender Weise hervorgeht, was übrigens
einem Handbuche zu gute gehalten werden darf. Von einigen wichtigen Entdeckungen,
welche der Verfasserin bei der Construirung der früheren Stadien der Spitzengeschichte
sehr zu Statten gekommen waren, hat dieselbe leider noch keine Kenntniss haben
können, da dieselben erst demnachst vor die Öffentlichkeit gelangen werden. Aufgefallen
ist uns aber u. a. die Nichtbeachtung des Vorkommens der Kloppelei in der uralten
europaischen Volksltunst, der Spitzenniherei in der orientalischen Volkskunst, ferner der
nkoptischen- Flechttcchnik im splten Mittelalter, worüber schon litterarische Nachricht
in einem der llteren Handbücher vorliegt. Alles in Allem genommen, wird man das
Buch immerhin als eine werthvolle Bereicherung der vorhandenen Handlitteratur über
textile Künste betrachten dürfen. Rgl.
o
Die deutschen Bildsiiulen-Denltmale des t9. Jahrhunderts, nebst einer
Abhandlung über die Größenverhältnisse, die Materialienwahl, die
Gruppirung, die Aufstellungsweise und die Kosten derartiger Monu-
mente von Hermann Maertens. Sechzig Lichtdn-Taf. von M. Rommel
ä Comp. in Stuttgart. Stuttgart, Jul, Hotfmann i8g3. Fol. 6x S.
Text nebst Erklärung der Tafeln. G. 33x18.
Die Verlagsfirtna Hoimann hat mit dieser Publication ohne Zweifel dem Wunsche
zahlreicher Bildhauer und Freunde moderner Sculptur Rechnung getragen, zumal die
bescheidene Form, in der sie durchgeführt worden ist, einen mäßigen Preis zuließ. Die
Abbildungen sind im Allgemeinen gut. Gewisse Uebelstande, die sich bei Reduction von
Obiecten so verschiedener Grüße auf die Dimensionen der Tafeln ergeben, lassen sich
kaum vermeiden und müssen eben mit in den Kauf genommen werden, wenn man einmal
diese Form der Publicatinn acceptirt hat. Was dagegen nicht so unvermeidlich gewesen
ware, das ist die hluüg auftretende geachmackloae Stalfage. Es ist ebenso überHüssi
als störend, wenn _Krethi und Plethi, wie es der Zufall fügt, mit in das Bild au-
genommen werden.
Nicht so untergeordneter Natur, wie die Mangel der Abbildungen sind die des
Texten. iat er auch bei derartigen Publicationen Nebensache, so darf er doch nicht allzu
sorglos gearbeitet sein. Wie sollen wir aber Stellen wie folgende anders bezeichnen?
aUnser ietziges Geschlecht hat daher an Dürer beinahe noch mehr wie seine unzähligen,
meist im Holzschnitte gegebenen Kunstwerke, das anzustaunen, was uns unsere Phantasie
von der gewiss alle: übertretfenden Große dieses Mannes auatnalt, wenn er in Deutschland
unter glücklicheren politischen Zeitverhaltnissen geboren waren Derarti e Auslassungen
stehen aber keineswegs vereinzelt. Fast in jeder Denkmalsbeschreibung nden wir Aehn-
liches. Dem Leser bei dieser Gelegenheit die Bedeutung Schiller's, Goethe's, Lnther's,
Kaiser Wilhelnfs etc. vorführen zu wollen, ist überhaupt ein Beginnen, dessen philistrbse
Komik nicht erst bewiesen werden muss. Der Haupttext, der den Einzelbesprechungen
vorangeht, beschäftigt sich im Wesentlichen mit optischen Fragen. Der Verfasser ist auf
diesem Gebiete Specialist und hat auf empirischem Wege bestimmte Gesetze ermittelt,