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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 20
plare, erreichte, der es heute zu einem der besten
macht, die überhaupt existieren.
Besonders erwähnenswert ist noch die Serie
seltener Frühdrucke von Pissarro, darunter viele
Unika, und von Käthe K o 1 1 w i t z, dabei ganze
Serien von Zuständen und viele eigenhändige Ueber-
arbeitungen, Endlich die schöne M u n c h-Sammlung,
Unter den Büchern dieser ersten Partie über
wiegen die französischen bibliophilen Luxusdrucke,
aber es gibt auch kostbare kunstwissenschaftliche
Publikationen, Handzeichnungswerke und Buchaus
gaben deutscher Meistergraphik von Liebermann,
Slevogt u. a. Eine besondere Vorliebe hatte Stinnes
für die ersten Exemplare. Es war auch überall
bekannt, daß er Nr. 1 kaufe und man suchte ihm die
Nummer anzubieten, wo es aber nicht ging, beschei-
dete er sich mit Nr. 2 oder einer weiteren Nummer.
So hatte er z. B. Nr. 1 der ersten 10 Exemplare von
Colettes »Mitsou«, die für den Künstler und seine
Freunde reserviert waren, Nr. 1 von der Vorzugs
ausgabe von 100 Exemplaren von Dürers »Die vier
Evangelien und die Offenbarung Johannis«, von
Duvernois »Maxime«, von Erler und Spiegels Map
penwerk, von Kubins »Heimliche Welt«, von Lieber
manns »Dreißig Holzschnittzeichnungen«, von Lun-
cats »Soupault« und sehr vielen anderen, Das ein
zige ältere Werk der Abteilung ist eine einzigartige
Ausgabe der Handzeichnungs-Imitationen des Ploos
van A. m s t e 1 in vier alten Großfolio-Halbleder
bänden, fast vsämtliche Blätter in mehreren Platten
zuständen bis zu Serien von zwölf Exemplaren, dazu
eine große Anzahl sonst nicht veröffentlichter Blät
ter, Zeichnungen und anderer Blätter, so daß eine
Gesamtzahl von fast 600 Blättern vorhanden ist.
Unsere Abbildungen zeigen:
Fig. 1. Leonhard Beck, Sancta Adeldrudis. Aus
der Folge der »Heiligen aus der Sipp-, Neag- und
Schwägerschaft des Kaisers Maximilian« B. (bei
Burgkmair) 82 B V A 242, 2 Laschitger.. Seltener
früher Abdruck. Der hlolzstock dieses Blattes dürfte
bald verloren gegangen sein, da die Darstellung in
der Wiener Ausgabe fehlt.
Fig. 2. Lucas Cranach, David und Abigail,
B 122, Dodg. 59.
Fig. 3. Wolfgang Huber, Der hl. Georg den
Drachen bekämpfend. B 7 D 10,
Fig, 4. Toulouse-Lautrec, Invitation a
une Exposition 1898. D 232.
Cmil Orlik.
Emil Orlik ist seinem besten Freunde Max
Slevogt rasch in den Tod gefolgt. Wie dieser ist auch
er einem Herzleiden erlegen, an dem er seit Jahren
schon litt, das ihn aber wenig in seinem Schaffen
behinderte. So hat er denn ein reiches Oeuvre hinter
lassen, das seinem Namen Dauer verbürgt.
Orlik, der am 21, Juli 1870 zu Prag geboren
wurde, gehörte zu den vielseitigsten Künstlern. Oel,
Aquarell, Pastell, Holzschnitt, Radierung, Litho
graphie, in allen Materialien hat er gearbeitet und
jedem wußte er den feinsten Reiz abzugewinnen.
Seine höchste Künstlerschaft hat er als Radierer
erreicht. Orlik hat eine ganze Galerie von berühmten
Zeitgenossen radiert. Gerhart Hauptmann, Gustav
Mahler, Max Reinhardt, Anton Bruckner, Max
Klinger, Richard Strauß, Ferdinand Hodler und na
türlich Max Slevogt sind darunter. Er radierte übri
gens auch Landschaften und lebendige kleine Volks
szenen, wie er sich auch nicht für zu gut hielt,
Plakate auszuführen. Es sei nur an das hinreißende
Plakat erinnert, das er zur Ankündigung von Ger
hard Hauptmanns »Weber« schuf, mit dem ihn innige
Freundschaft verband.
Das große Erlebnis Orliks war Japan, das er
zweimal aufgesucht hat. Auf der Ueberfahrt machte
er sich die Sprache des Inselvolkes zu eigen, in
dessen Welt er sich, wie kein zweiter mehr, einzu-
fühlen vermochte. Zurückgekehrt, erregte Orlik mit
den künstlerischen Ergebnissen seiner Reise das
Staunen seiner europäischen Freunde. Um diese Zeit
umfaßte sein Werk schon mehr als 300 Blatt, in der
Folge hat es sich vervielfacht.
»Wie ich mein erstes Bild verkaufte,«
Ergötzlich ist die Schilderung Orliks, wie er
sein erstes Bild verkaufte. Er erzählt darüber
in seiner Selbstbiographie;
Der Verkauf des ersten Bildes ist für jeden
Maler selbstverständlich eine unvergeßliche Erinne
rung, besonders — für einen 15jährigen Maler, Ein
solches Erlebnis drückt sich tief in die jugendliche
Empfänglichkeit ein und bleibt unvergeßbar, unver
rückbar in der Erinnerung: Mit allen Farben, Stim
mungen und Aufregungen, all das vertieft von un
endlichem Freudengefühl.
Um aber die Wirkung oder, besser gesagt, solch
ein Erlebnis in seinem starken, aufschürfenden Ein
druck zu schildern, muß man auch Zeit und Um
stände und die besonderen Verhältnisse, unter denen
dieses scheinbar belanglose Ereignis vor sich ge-