bezeugen bestimmt sind, bei denen daher der Kunstwerth, die Form
gegenüber dem innewohnenden Zwecke oder ihrer großen historischen
Bedeutung zurücktrittw.
Dieser Bestimmung gemäß sind in der Schatzkammer verblieben:
"die Hoheitszeichen, das kaiserliche Taufzeug und die Hauskleinodien,
der Privalschmuck des Allerhöchsten Kaiserhauses und nach altem Her-
kommen die Sargscblüssel verstorbener Mitglieder des kaiserlichen Hauses,
ferner die Krönungs-lnsignien und Reliquien des heiligen Römischen
Reiches, endlich historische Gegenstände und Erinnerungen, die zufolge
bestehender Stammgesetze oder sonst mit specieller Widmung in die
Verwahrung der Schatzkammer übergeben WllrdEDll.
Dieser nun nach menschlicher Voraussicht für alle Zeiten gesicherte
Bestand 'der k. und k. Schatzkammer hat neuerlich durch Hofrath
R. von Thill, Schatzmeister des habsburgischJothringischen Haus-
schatzes, diejenige definitive Aufstellung erfahren, die sich den Augen
des gegenwärtigen Besuchers darbietet. Schon die flüchtige Durchwandernng
lehrt, dass die, Schatzkammer durch diese neue Aufstellung nichts ver-
loren hat, und jede-genauere Betrachtung wird nicht nur den gewonnenen
ersten Eindruck verstärken, sondern auch über den zugewachsenen Ge-
winn aufklären, welcher eben darin liegt, dass in Folge der durch die
Ausscheidung heterogener Dinge gewonnenen Einheitlichkeit und Ueber-
sichtlichkeit der Werthi der verbliebenen Gegenstände erst recht augen-
fällig und in vielen Fällen überwältigend hervortritt. Eine entschieden
wohlthuende Pietät findet man darin beobachtet, dass, soweit es die
baulichen ,Neuanlagen der anstoBenden Gebäudetheile gestatteten, die
alten, seit mehreren Jahrhunderten für die Zwecke,der Schatzkammer be-
nützten Räume abermals ihrerVerwendung fanden, und dass diese Räume
selbst die ihnen zuletzt durch die Kaiserin Maria Theresia verliehene Aus-
stattung, zum Theil natürlich unter entsprechender und vollauf befrie-
digender Erneuerung, beibehalten durften. Gewiss ist es patriotische Em-
pfindung und Sinn für historische Größe, welche die Schatzkammer in
ihrer jetzigen Zusammensetzung in erster Linie im Beschauer anregt;
aber auch darüber hinaus wird die Schatzkammer des Allerhöchsten
Kaiserhauses in der Hinkunft das Wanderziel aller Kunstfreunde bleiben.
Textilarbeiten wie die palermitanischen aus dem rz. Jahrhundert wird
man nach wie vor vergeblich außer ihren Räumen finden; Goldschmiede-
arbeiten wie diejenigen an der österreichischen Kaiserkrone werden allezeit
der Beachtung des Kenners alter Kunstgewerbe theilhaftig bleiben; und
auch wer geneigt ist, tiefer in den Regionen des Kunstschatfens herab-
zusteigen, wird sich z. B. durch die alten Lederbehältnisse aus dem
15. Jahrhundert angezogen fühlen, sowie endlich der warmherzige Be-
obachter der modernen heimischen kunstgewerblichen Entwicklung Werke
wie den vom Wiener Kunsttischler Albert angefertigten Kasten für die
Sargschlüssel mit Wohlgefallen betrachten dürfte. Alois Riegl.
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