So haben es unsere besten Lehrer von jeher gehalten, und doch
steht von der Gründung der Kunstgewerbeschule an bis auf den heutigen
Tag die Frage zur Erörterung, ob man die Schüler gegen das Hinüber-
schielen und Hinübergreifen auf benachbarte Kunstgebiete schützen könne
und solle? Und so vielerlei Antworten man auf die Frage erhält, keine
will befriedigen. Auch wenn heutzutage noch die Werkstatt die rechte
Schule wäre für Maler und Bildner, Goldschmiede und Tischler u. s. w.,
wenn sie das trotz dem Ueberwiegen der Großindustrie noch sein könnte,
so würde das Hinaus- und Hinaufstreben der Lehrlinge deshalb doch
nicht überwunden sein. Ueberall weist unsere Zeit den nämlichen Wider-
spruch auf: man will keine Standes- und Rangesunterschiede gelten
lassen, und dabei möchte Jeder sich über Seinesgleichen erheben, schafft
sich neue, sinnlose Rangunterschiede, wie eben "hohe Kunstu und
uKunstgewerbe-n, und will lieber als Angehöriger einer vornehmeren Kaste
stümpern und vielleicht hungern, als machen, was er kann, und was ihm
ein genügendes Auskommen sichern würde. Wir befinden uns da einer
Zeitströmung gegenüber, die sich mit ihrer social verheerenden Wirkung
auf keinen Erwerbszweig und kein Land beschränkt. Sie überfüllt die
sogenannten gelehrten und höheren Berufe auf Kosten der Landwirth-
schaft, des Gewerbes und des Handels, lehrt um so höhere Ansprüche
an das Leben stellen, je genügsamer man in Beziehung auf die eigene
Leistung ist, und schafft Unzufriedene auf allen Seiten. Und nun vollends
in der Kunst, die nur zu viele Jünger sich lediglich als freie Unter-
haltung für das Talent vorstellen, und deren Höhen nicht mit saurem
Fleiß langsam erklommen, sondern wie die Martinswand ein Sprung und
Lauf-i genommen werden sollen!
Solche Beobachtungen erfüllen überall die Lehrer und Führer auf
unserem Arbeitsfelde mit ernster Sorge. Die Lage ist da um so schwie-
riger, weil der grundlegende Unterricht für die gewerbliche Kunst der
nämliche sein muss, wie für die nhohec, feste Grenzen überhaupt nicht
zu ziehen sind, und die Eigenart eines Talents sich oft erst spät er-
kennen lässt. Welchen Einfluss der Lehrer überhaupt nehmen kann,
um Abirrungen von einem gedeihlichen Wege zu verhindern, das ist
oben angedeutet worden, und dass solcher Einfluss bei uns geübt wird,
kann nur oberflächliche Betrachtung verkennen.
Von der Veranstaltung jährlicher Ausstellungen ist man _ wie Allen,
die sich für die Sache wirklich interessiren, bekannt- zurückgekommen.
Der diesmalige Rechenschaftsbericht, welcher Ausdruck wohl auf die
Schulausstellungen angewendet werden darf, umfasste daher abermals den
Zeitraum von zwei Jahren, und es ist natürlich, dass die Arbeiten bereits
fortgeschrittener Schüler einen größeren Raum einnahmen, als die Zeug-
nisse aus dem sich gleichbleibenden Anfangsunterrichte. Es ist wohl vor-
gekommen, dass Jemand angesichts der zahlreichen Compositionen, zu
denen sich Schüler des Cursus für architektonische Formenlehre angeregt